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[An Ottla Kafka]

[Schelesen, ca. 10. November 1919]
 


Liebe Ottla, vor lauter Bedenken wegen Oskars Reise habe ich das allerdings selbverständliche vergessen, dass Du, abgesehen davon, wie Du Dich wegen Oskar entscheidest, wenn Du Lust hast jedenfalls herkommen sollst, schon um den (vorläufig fast nur in meinem Kopf lebenden) Brief zu beurteilen. Allerdings wird es dazu eigentlich schon zu spät sein, wenn Du, wie Du es früher beabsichtigt hast, erst Samstag kommst; nun ich könnte ja den Brief erst Montag abschicken lassen, es wird nicht viel schaden, wenn er ankommt und ich schon in Prag bin.

Frl. Stüdl ist lieb und gut, über den Brief habe ich noch nicht mit ihr gesprochen. Sie leidet viel durch Frl. Therese, trägt es aber so, dass man es kaum bemerkt. Viel neues in der Wirtschaft. Es sind noch 2 junge Herrn hier und ein Mädchen, Eisner, eine Teplitzerin. An und für sich gefällt sie mir gar nicht, hat auch alle Hysterie einer unglücklichen Jugend, aber ist doch ausgezeichnet, offenbar sind sie alle ausgezeichnet, sei froh, dass Du ein Mädchen bist.

Vergiß nicht das Hochzeitsgeschenk, bis 200 K darf es kosten und schreib etwas Freundliches dazu

Grüß alle

F




und ich schon in Prag bin: Vgl. Nr. 75.


2 junge Herrn: nach Br 278 Herr Stransky und Herr Kopidlansky.


Eisner: Minze Eisner, mit der Kafka in den folgenden Jahren korrespondierte, die er bei ihren landwirtschaftlichen Plänen beriet (vgl. Br 256 ff. und FK 370) und die ihn im Herbst 1921 in Prag besuchte (vgl. Br 349 und 353).


Hochzeitsgeschenk: bezieht sich offenbar auf die Ehe zwischen Josef Davids Schwester Anni und Herrn Svojsík.


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at