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[An Julie Wohryzek]
[Prag, 18. Juni 1919; Mittwoch]
[Rohrpostbrief]

Fräulein
Julie Wohryzek
Vinohrady
Balbínova 5
n p. Nettle     I posch.

[Poststempel:]18 VI 19XI

Liebe, wir haben nicht gewusst,
dass Donnerstag Feiertag ist,
also verlegen wir es auf Freitag
nicht? Es ist doch besser?
Freitag um ½ 4 bei der Koruna.
Im Vertrauen: ich versäume
dadurch eine Hebräischstunde,
aber bei Dir würde ich doch
auch eine versäumen, so kämpft
Hebräisch gegen Hebräisch und
Deines siegt.

Fr


Original: Památník národního písemnictví [Museum des nationalen Schrifttums]
Quelle Text und URL: Webseite von Radio Prag - http://www.radio.cz/pictures/c/spisovatele/kafka_dopis1.jpg, http://www.radio.cz/pictures/c/spisovatele/kafka_dopis.jpg. Stand: Mittwoch, 25. März 2009
Quelle Anmerkungen: Webseite von Radio Prag: http://www.radio.cz/cz/clanek/105073, Die Presse, Hamburger Abendblatt, Die Berliner Literaturkritik, Milenio.com. Alle: Stand: Mittwoch, 25. März 2009

Am 6.6.2008 wurde in verschiedenen Zeitungen eine Meldung der dpa gebracht. Sie lautete:

"Wertvoller Kafka-Brief in Prag vorgestellt
PRAG (BLK) Ein bisher unbekannter Brief des Schriftstellers Franz Kafka (1883-1924) an seine Freundin Julie Wohryzek ist in Prag vom tschechischen National-Literaturmuseum vorgestellt worden. Das Schreiben von Juni 1919 sei das bislang einzig bekannte Dokument, welches die Beziehung zwischen Kafka und Wohryzek schriftlich belege, sagte der tschechische Kafka-Experte Josef Cermak nach Zeitungsberichten vom Freitag (6. Juni 2008). Der auf Hebräisch geschriebene Brief beweise auch, dass Kafka Hebräisch-Unterricht genommen habe, sagte Museumsmitarbeiter Petr Kotyk.
Das Museum hatte den Brief im April für 165.011 tschechische Kronen (6710 Euro) bei einer Auktion in Prag ersteigert. Er soll nun wissenschaftlich ausgewertet werden. Dabei stehe das Verhältnis zwischen Kafka und Wohryzek im Mittelpunkt, hieß es von Seiten des Museums. Das Paar hatte sich nach Darstellung von Kafka-Biografen 1919 zunächst verlobt, sich dann aber 1920 wieder getrennt.
Der in Prag geborene Kafka errang literarischen Weltruhm erst nach seinem Tod, als die auf Deutsch geschriebenen Hauptwerke wie "Der Prozess", "Das Schloss" oder "Amerika" durch seinen Freund und Nachlassverwalter Max Brod veröffentlicht wurden. (dpa/wip)"


Da der Brief nachweislich nicht auf Hebräisch geschrieben ist, bin ich unsicher, ob die genannte Verkaufssumme stimmt ;-).
Hier der Versuch einer Übersetzung der Fundgeschichte mit Hilfe des leider noch nicht überzeugenden Übersetzungsdienstes von Google. Laut der Webseite von Radio Prag (siehe oben) handelt es sich hier um einen Rohrpostbrief von Franz Kafka an Julie Wohryzek. Ein Herr František Kautman machte die Forscher Josef Cermak und Petr Kotyk aufmerksam, daß bei einer Versteigerung von Postkarten auch diese Karte versteigert wurde. Da nur einem Kafka-Kenner klar gewesen wäre, daß es sich hier um ein Schreiben des Schriftstellers handelte, konnten diese Karten günstig ersteigert werden.
Falls jemand eine korrekte Übersetzung der Webseite hat, würde ich mich über eine E-Mail freuen.

Letzte Änderung: 25.3.2009werner.haas@univie.ac.at