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Kurt Wolff an Franz Kafka, Prag, Pořič 7


11.Oktober [191] 8
 

Sehr verehrter Herr Kafka:

Herr Meyer hat wohl in seinem letzten Brief Ihnen mitgeteilt, dass ich beabsichtige, Ihnen wegen der Strafkolonie zu schreiben: ich möchte Ihnen nämlich gern vorschlagen, dass wir diese Dichtung, die ich ganz außerordentlich liebe, wenn sich meine Liebe auch mit einem gewissen Grauen und Entsetzen über die schreckhafte Intensität des furchtbaren Stoffes mischt, jetzt im Rahmen einer kleinen Gruppe neuer Dichtungen, die als "Drugulin-Drucke" erscheinen sollen, herausgeben. - Ich möchte übrigens bemerken, dass diese Reihe schöner Drucke keinerlei serienhaften Charakter trägt, in Ausstattung, Preis, Format u. s. w. ganz verschieden ist, und dass ich neben Ihrer wunderbaren Erzählung noch Arbeiten von Werfel, Francis Jammes, Páguy und Březina zunächst herausbringen will.

Ich hoffe, dass Sie mir für diese Verlagsabsicht Ihr Einverständnis erklären werden, und würde mich besonders freuen, wenn Sie Ihre Antwort, die ich nach Darmstadt, Allee 15 erbitte, zur Veranlassung nähmen, mir einige Worte über Ihr Ergehen zu sagen. Sie wissen, dass ich mit besonderer Aufrichtigkeit bin und bleibe Ihr treulichst ergebener


[Kurt Wolff]




"Drugulin-Drucke": Vgl. "Das bunte Buch" Leipzig: KWV 1914, S. 194. In der neuen Folge der Drugulin-Drucke erschienen außer Kafkas "In der Strafkolonie": Charles Peguy "Die Litanei vom schreienden Christus"; Otokar Březina "Winde von Mittag nach Mitternacht". Dagegen erschienen "Die Gebete der Demut" von Francis Jammes und "Arien" von Franz Werfel in der Reihe "Die Stundenbücher der Ernst Ludwig Presse".


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at