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[Prag, November 1918]
[Nicht von der Post befördert]
[An:] Herrn Dr Max Brod
Lieber Max,
Ich wollte letzten Sonntag schon wegfahren, mußte mich aber Samstag mit Fieber ins Bett legen und habe so die ganze Woche halb liegend halb sitzend verbracht. Morgen fahre ich. Bitte Max, einen Gefallen! Wie Du aus dem beiliegenden Brief siehst ist das Manuskript bei Wolff nicht angekommen. Ich habe - die beiliegenden Scheine sind Beweis - am gleichen Tag eine Korrespondenzkarte und das Manuskript mit Brief an Wolff geschickt. Die Karte (Wolff nennt sie Brief) ist angekommen, das Manuskript nicht. Beides war express-rekommando geschickt. Wolltest Du es reklamieren Ich habe niemals gewußt, wie man der Post beikommt, gegenüber der neustaatlichen Post weiß ich es schon gar nicht. Danke Dir bestens und leb wohl! Vielleicht schicke ich Dir aus Schelesen Fragebogen über hebräische Zweifel. Es wird für Dich wenig Arbeit sein, die Fragen werden mit einem Wort oder einem Kopfschütteln zu beantworten sein und wir werden einen hebräischen Verkehr haben.
Quelle: Franz Kafka ; Max Brod: Eine Freundschaft (II). Briefwechsel. Hrsg. von Malcolm Pasley. Frankfurt am Main 1989.
wegfahren: Kafkas Mutter hat ihn am 30. November mit der Bahn nach Schelesen gebracht, wo er drei Wochen in der "Pension Stüdl" geblieben ist.
Manuscript . . . Scheine . . . Korrespondenzkarte . . . Brief: DieScheine beweisen, dass Kafka am 11. November 1918 das Manuskript der "Strafkolonie" an den Kurt Wolff Verlag aus Prag abgeschickt hat; gleichzeitig meldete er - in einer ebenfalls an den Kurt Wolff Verlag adressierten Postkarte (KW 51) - diese Sendung an. Darüber hinaus schrieb er - sicherheitshalber - an demselben Tag einen persönlichen Brief an Kurt Wolff (KW 50).
der neustaatlichen Post: Am 14. November war das Haus Habsburg für abgesetzt erklärt und der tschechoslowakische Staat als Republik proklamiert worden.
| Letzte Änderung: 17.4.2009 | werner.haas@univie.ac.at |