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[Postkarte. Stempel: Prag, 20.11.17]

[An:] Herrn Dr Franz Kafka Zürau Post Flöhau

[Abs.:] Dr Brod Prag Postdirektion


20.11.
 

Lieber Franz - Damit du nicht allzu lang ohne Nachricht bleibst, nur zur kurzen Nachricht: dass ich eben totmüde aus Wien zurück bin. Habe in den Kammerspielen gelesen: Askonas (1. Kap. und Traum), 1. Akt Esther, Gedichte, Tycho-Fragmentchen. Ausverkauft, Erfolg, viel jüdische Jugend, wenig Literatur und Presse. Immerhin habe ich also den besseren Teil gewählt. - "Jenufa" wird schon geprobt. Kostüme in Mähren angekauft. Die Jeritza als Jenufa soll sehr gut sein. Ich habe durchgesetzt, dass das Textbuch ganz auf meine Originalfassung gebracht wird. - Deine Karte und den Brief beantworte ich bald, was dich aber nicht hindern darf, schon jetzt deine ländliche Muße zu großen Briefen an mich auszunützen. Und bitte, wenn du schenkst, so schenke auch noch das Stückchen Papier, die Rechnung mit dazu. Du darfst nicht so genußsüchtig nur an deine Freude denken.


Dein Max        



Quelle: Franz Kafka ; Max Brod: Eine Freundschaft (II). Briefwechsel. Hrsg. von Malcolm Pasley. Frankfurt am Main 1989.


aus Wien . . . Tycho-Fragmentchen: Am 18. November 1917 hatte Brod auf Einladung der "Lesehalle" im Saale der Wiener Kammerspiele folgendes gelesen: einen Akt aus seinem ungedruckten Drama "Eine Königin Esther' (siehe Anm. 17 oben), seine Gedichte "Elegie an die abgefallenen Juden" (vgl. Anm. 40 oben) und "Meine erste hebräische Lektion", einiges aus Tycho Brahes Weg zu Gott und schließlich Auszüge aus "einem unveröffentlichten Roman "Der Freistaat des Doktor Askonas" [d. i. Das große Wagnis]" (Bericht in der Selbstwehr vom 30. 11. 1917).


"Jenufa": Siehe Anm. 20 oben.


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at