Voriger Eintrag Jahresübersicht | IndexseiteNächster Eintrag

 

[Postkarte, Stempel: Flöhau, 22.10.17]

[An:] Herrn Dr Max Brod k.k. Postkoncipist Prag k.k. Postdirektion

[Abs.:] Dr Kafka Zürau P. Flöhau


22/X
 

Lieber Max, also am 27. nach Komotau, die wechselnden Entschlüsse der Komotauer werfen einen natürlich stark herum, Dich wohl am stärksten. Aber mich auch. Um die Wahrheit zu sagen: ich wäre ohne Deine Komotauer Reise noch immer nicht nach Prag gekommen, frühestens in vierzehn Tagen. Es ist ja nicht nur das Leben hier, das Wert hat, sondern auch sein Zusammenhang und den verliere ich durch die Reise. Außerdem bin ich in den letzten Tagen - bei bestem Wohlbefinden - ganz appetitlos; wie, wenn ich abnehme und der Professor mich von Zürau, dem besten Ort, fortnimmt? Das sind die Sorgen, die der Freude, Dich zu sehn und zu sprechen, den Mund zuhalten. Noch etwas: ich werde wohl zumindest drei Tage wegen Zahnbehandlung in Prag bleiben müssen und das Bureau hat ja auch hineinzusprechen. Jedenfalls geht es aus Freiheit in Knechtschaft und Trauriges.

    Aber nun ist die Komotauer Reise doch wohl sichergestellt? Oder Du telegraphierst mir bei Absage. Ich will nicht allein hinfahren, abgesehen davon, dass ich dich dort hören will, will ich doch auch mit Dir die Spuren Deines früheren Lebens sehn.

Franz        



Quelle: Franz Kafka ; Max Brod: Eine Freundschaft (II). Briefwechsel. Hrsg. von Malcolm Pasley. Frankfurt am Main 1989.


Spuren Deines . . . Lebens: Siehe 1907 Anm. 5.


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at