Voriger Eintrag Jahresübersicht | IndexseiteNächster Eintrag

 

[Postkarte. Stempel: Prag, 29. 8.17]

[An: ] Herrn Dr Max Brod Concipist Prag k.k. Postdirektion

[Abs.:] Dr Kafka Prag Pořič 7


Liebster Max es scheint mir, ich hätte gestern zuletzt den Eindruck eines fürchterlichen Menschen auf Dich machen müssen, gar durch das Lachen beim Abschied. Gleichzeitig aber wußte ich und weiß ich, dass es gerade Dir gegenüber keiner Richtigstellungen bedarf. Trotzdem muß ich, sei es auch mehr für mich als für Dich sagen: das was ich gestern zeigte und wovon übrigens in dieser Form nur Du, F. und Ottla wissen (aber auch Euch gegenüber hätte ich es verbeißen müssen) ist natürlich nur der Vorgang in einem Stockwerk des innern babylonischen Turmes und was oben und unten ist, weiß man in Babel gar nicht. Immerhin ist es übergenug, selbst wenn ich, wie ich es leicht könnte, mit der darin so geübten Hand noch so viel retouchieren wollte. Es bleibt so, schrecklich und - gar nicht schrecklich. Was ja wieder ein Lachen bedeutet, dem in fünf Minuten wieder die gleiche Karte folgen müßte. Es gibt unzweifelhaft böse Menschen, funkelnd von Bösesein.

Franz        
 



Quelle: Franz Kafka ; Max Brod: Eine Freundschaft (II). Briefwechsel. Hrsg. von Malcolm Pasley. Frankfurt am Main 1989.


was ich gestern . . . Ottla wissen: Die ersten deutlichen Symptome der 159 Lungentuberkulose Kafkas. Vgl. O 38-41; der betreffende Brief an Felice Bauer ist nicht überliefert (siehe F 753).


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at