Voriger Eintrag Jahresübersicht | IndexseiteNächster Eintrag

 

Brief an den Vorstand, 5. Februar 1917

Löblicher Vorstand!

Der ergebenst Gefertigte erlaubt sich einem löblichen Vorstand die höfliche Bitte um Ernennung zum Sekretär bei entsprechender Regelung seiner Bezüge zu unterbreiten und stützt diese Bitte auf folgende Gründe:

Das Anwachsen der Anstaltsagenda, das Auftreten neuer Probleme und Arbeitsgebiete stellt vor allem an den Konceptsbeamten neue gesteigerte Anforderungen; diesen hat der ergebenst Gefertigte stets nach Kräften gerecht zu werden gesucht.

Die vorliegende Bitte entspricht weiters der bisherigen Stellungnahme des löblichen Vorstandes. Der löbliche Vorstand geruhte nämlich bereits die Ernennung zu Sekretären nach Ablauf von 6 Jahren seit der Ernennung zu Koncipisten zu gewähren. Seit der Ernennung des ergebenst Gefertigten zum Koncipisten sind bereits 7Jahre verstrichen. Schliesslich gestattet sich der ergebenst Gefertigte auf die ausserordentlichen Teuerungsverhältnisse hinzuweisen, die ihn unweigerlich zu seiner Bitte zwingen.

In der vertrauensvollen Überzeugung, dass sich der löbliche Vorstand diesen Gründen nicht verschliessen wird, bittet der ergebenst Gefertigte, der löbliche Vorstand geruhe gütigst ihn zum Sekretär zu ernennen und in die vierte Stufe der dritten Gehaltsklasse zu versetzen.


Prag, am 5. Februar 1917

Dr. Franz Kafka
 


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at