Voriger Eintrag | Jahresübersicht | Indexseite | Nächster Eintrag |
Franz Kafka an den Kurt Wolff Verlag (G. H. Meyer)
Sehr geehrter Herr Meyer!
Aus der mich betreffenden Bemerkung in einem Brief an Max Brod sehe ich,
dass auch Sie daran sind, von dem Gedanken an die Herausgabe des Novellenbuches
abzugehen. Ich gebe Ihnen unter den gegenwärtigen Verhältnissen
durchaus Recht, denn es ist jedenfalls höchst unwahrscheinlich, dass
Sie das verkäufliche Buch, das Sie wollen, mit diesem Buch erhalten
würden. Dagegen wäre ich sehr damit einverstanden, dass
die "Strafkolonie" im "Jüngsten Tag" herauskommt,
dann aber nicht nur die "Strafkolonie" sondern auch das "Urteil" aus der "Arkadia", und zwar jede
Geschichte in einem eigenen Bändchen. In dieser letzteren Art der
Herausgabe liegt für mich der Vorteil gegenüber dem Novellenbuch,
dass nämlich jede Geschichte selbständig angesehen werden
kann und wirkt. Falls Sie mir zustimmen, würde ich bitten, dass
zuerst das "Urteil", an dem mir mehr als an dem andern gelegen
ist, erscheint; die "Strafkolonie" kann dann nach Belieben
folgen. Das "Urteil" ist allerdings klein, aber kaum wesentlich
kleiner als "Risse" oder "Schuhlin"; im Druck der
"Fledermäuse" dürfte es über
30 Seiten haben, die "Strafkolonie" über 70 Seiten.
Mit besten Grüßen Ihr sehr ergebener
F Kafka
"Urteil": Bd. 34 des Jüngsten
Tags, 1916. Vgl. Anmerkung zu Kafkas Brief an Kurt Wolff vom 8. III. 1913
"Fledermäuse": Gustav Meyrink
"Fledermäuse", Sieben Geschichten. Leipzig: KWV 1916.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at