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Postkarte an Felice Bauer]
Liebste, ich bin also schon wieder hier. Vorgestern und gestern bekam
ich Deine Briefe vom Dienstag und Mittwoch, der Bericht über den Ausflug
war aber noch nicht darin. Vielleicht kommt er gleichzeitig mit den sehr
erwarteten Bildern, unter denen nur recht viele von Dir sein mögen.
(Eben mußte ich zum Telephon laufen, wo ich verständigt wurde,
dass ich den Paß und Grenzüberschreitung bewilligt habe,
jetzt ist noch der Sichtvermerk nötig.) Du fragst nach Frau
Hauschner. Ich kenne sie persönlich nicht, habe nur einmal einen
gar nicht sehr unvernünftigen Roman ungeheueren Umfanges von ihr gelesen
und vor nicht langer Zeit zwei, drei Briefe an Max, die infolge einer Verwirrung,
die die alte Dame angerichtet hatte, unendlich komisch aber durch die Art,
wie sie sie ehrlich zu lösen suchte, auch rührend und angenehm
waren. Von Max habe ich jetzt weiter erfahren, dass sie außerdem
ungemein reich, menschenfreundlich und wohltätig ist, sich von diesem
Standpunkt (von keinem andern, sie ist ganz unzionistisch) auch für
das Volksheim interessiert und bei passender Veranstaltung etwa durch Einladung
zu einem charakteristischen Nachmittag oder Abend ins Heim für größere
Unterstützungen (sie ist auch Präsidentin eines großen
Berliner Frauenvereins) gewonnen werden könnte. Übrigens bleibt
sie bis Anfang November in Prag, Max spricht mit ihr Dienstag, dann schreibe
ich.
Franz
Frau Hauschner: Die Romanschriftstellerin Auguste
Hauschner (1852-1924). Der Roman ist vermutlich Die Familie Lowositz,
Berlin 1908.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at