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Postkarte an Felice Bauer
Liebste, arme Strafportozahlerin, verzeih, aber ich bin fast ganz unschuldig,
wovon ich Dich durch eine sehr ausführliche Darstellung, die Du mir
aber gewiß erläßt, unbedingt überzeugen könnte,
selbst Max der Postbeamte hat bis heute nur solche Karten verschickt. Heute
kam Dein Brief vom Samstag und später der vom Montag. Besonders der
letztere war mir sehr trostreich. Es ist der Waggon mit der gestrigen Berliner
Nachmittagspost gestern hier ausgebrannt und ich ging heute den ganzen
Morgen sehr nachdenklich und nebelhaft herum, immer in Sorgen wegen dieses
ausgebrannten Waggons, in dem aller Voraussicht nach Dein Montagsbrief
mit dem Bericht über den Heimausflug mit verbrannt sein mußte.
Erst später kam Dein Brief, also nicht verbrannt! - Max bekommt die
Erlaubnis nach München zu fahren überhaupt nicht, ich werde vielleicht
im ersten Teil des Abends, der also vielleicht doch zustandekommt, Gedichte
von ihm vorlesen. Bin zwar kein sehr guter, viel eher ein sehr schlechter
Gedichtvorleser, werde es aber, wenn sich kein besserer findet, doch gern
übernehmen. Das aber sage ich gleich: Wenn Du nicht fahren könntest,
fahre ich selbst lieber auch nicht. Ich habe mich schon allzusehr an den
Gedanken gewöhnt, Dich dort zu sehn. Du wirst es doch nach dem 22.
Oktober, bis zu welchem Dein Chef Urlaub hat, mit Bestimmtheit sagen können,
ob die Fahrt möglich sein wird oder nicht.
Franz
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at