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Postkarte an Felice Bauer
Liebste, heute kamen Karten vom 11, 12, 13 und der Brief vom 12. Durch
diesen Zusammenlauf glichen sich die schlechten Nachrichten ein wenig aus,
wenn auch noch genug Kopfschmerzen, Zahnschmerzen und Trauer blieben. Für
den regelmäßigen Besuch des Heims (ein übertriebenes Wort
für die erste Woche, aber Du wirst es rechtfertigen) danke ich Dir
für mich und Dich und uns beide.
Es ist ein großer Vorteil, dass das Äußere des Ganzen
Dir gefällt, es wäre ja eben so leicht möglich gewesen,
dass es Dich äußerlich abgestoßen hätte, ohne
deshalb etwa eine schlechtere Sache gewesen zu sein. Diese Prüfung
ist Dir also erspart geblieben, womit natürlich nicht gesagt sein
soll, dass auch alle andern ausbleiben werden. Zu Deiner Frage schreibe
ich Dir nächstens ich bin heute auf eine schlechte Schreibmaschine
angewiesen und habe wenig Zeit. - Das noch: Letzthin bekam ich eine Einladung
zu einer Vorlesung in München innerhalb eines Cyklus "Abende
für neue Literatur". Es wäre nicht übel, ich lese
gern und vielleicht könntest Du (am 6. oder 11. Oktober) auch hinkommen.
Aber die Paßschwierigkeiten, die vielleicht für einen solchen
Zweck nicht unüberwindbar sind, sind doch zu groß für meine
Energie und Zeit. Ich werde also wohl absagen müssen. Sehr schade.
Ich hätte mit Wolfenstein an einem Abend vorlesen
sollen.
Viele Grüße Franz
Wolfenstein: Der Dichter Alfred Wolfenstein (i888-1945).
- Außer Kafka, der dann doch am Abend des 10. November 1916 in München
las, trugen folgende Autoren in dieser Reihe aus eigenen Werken vor: S.
Friedländer (Mynona) am 8. und E.Lasker-Schüler am 26. September;
A.Wolfenstein am 10. und Th. Däubler am 27. Oktober; J. R. Becher
und W. Herzfelde am 17. November und G.Kölwel am 4. Dezember 1916.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at