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Postkarte an Felice Bauer
Liebste, bin gerade bei der Schreibmaschine, versuche es also einmal so.
Mein Schreibmaschinenfräulein ist auf Urlaub, ich bin augenblicklich
fast krank vor Sehnsucht nach ihr, denn der Ersatzmann, so geduldig, eifrig
und ängstlich er ist (ich höre zeitweilig sein Herz klopfen),
wütet ohne es zu wissen, in meinen Nerven. Nun morgen, nein übermorgen
kommt sie wieder. Wie ist denn Dein Hilfsmädchen ? Es ist so still
von ihr. Es fällt mir ein: schreib mir auch einmal mit der Maschine.
Da müßte es doch viel mehr werden, als z. B. der letzte Sonntagsgruß
(von Freitag und Samstag habe ich noch nichts), vielleicht wird Schreibmaschinenschrift
auch schneller zensuriert. - Also auch Sonntag im Bureau und schon zum
zweitenmal, sehr unrecht. Was klappt nicht? Und vom Volksheim nichts Neues,
sehr schade. Noch ein allerdings alter Einfall (bei der Schreibmaschine
überfallen sie mich): Könntest Du mir nicht einige Bildchen von
Dir schicken, ja hast Du mir sie nicht sogar schon versprochen? Heute fahren
Max und Frau mit meinen Ratschlägen und unserem Führer nach Marienbad,
es ist mir sehr angenehm, wieder einmal gewissermaßen Vertreter in
Marienbad zu haben. Es ist so weit und so für uns verloren (man wird
weinerlich bei der Schreibmaschine). Viele Grüße, natürlich
auch für Frl. Grete, so ist es immer gemeint.
Franz
Hast Du eigentlich die Jüdische Randschau gelesen?
die Jüdische Randschau gelesen: Vgl. Kafkas
Postkarte vom 2. August 1916, S. 674f.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at