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Postkarte an Felice Bauer

[Marienbad,] 21.jUli [1916]
 


Liebste - wieder ein wenig besser, kein vollständiger, sondern zumindest zehnteiliger Traumschlaf, immerhin Schlaf und besserer Kopf. Bliebe ich noch lange und könnte jeden Tag ein "besser" hinzufügen, könnte darin am Ende von hier aus zu Dir, das wäre ein gesegneter Lebensweg. Unausführbar schon deshalb, weil ich für das Essen hier zu viel ausgebe, der mitgeteilte Speisezettel wiederholt sich in grotesken Formen täglich. - Max habe ich natürlich längst geschrieben, bin sehr ungeduldig zuhören, was für einen Eindruck das jüdische Volksheim auf Dich macht und wie Du zugreifen kannst. - Bei Felix war ich nicht. Seine erste Karlsbader Karte fängt an: "Es ist kalt, neblig, es regnet, mich friert, den Papa friert, meine Frau friert. Es ist teuer, das Brod ist schlecht, die Luft ist rauh. Ich habe keine Furunkeln. Meine Frau hat Halsschmerzen u.s.f." Du siehst, das Leben ist auch dort nicht leicht. Möge ihm der Curaufenthalt leicht werden!

Franz


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at