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Postkarte an Felice Bauer
Liebe Felice, heute nur paar Zeilen, auch kommt eine Karte sicherer, auch
brennt wieder der Kopf. Nur zu Deiner Hauptfrage: Gewiß will ich mich
nach dem Krieg anders einrichten. Ich will dann nach Berlin übersiedeln,
trotz aller beamtenmäßigen Zukunftsfurcht, denn hier geht es
nicht weiter. Aber was für ein Mensch wird dann übersiedeln?
Von meinem jetzigen Zustand aus gesehn, ein Mensch, der günstigsten
Falls eine Woche für sich wird arbeiten können, um dann mit seiner
Kraft endgültig zuende zu sein. Was für eine Nacht heute! Was
für ein Tag! 1912 hätte ich wegfahren sollen.
Herzlichste Grüße Franz
[auf der anderen Seite]
Vom Fontanepreis erfuhr ich auch fast erst aus den Zeitungen, nur früher
einmal hatte mich der Verleger unbestimmt darauf vorbereitet. Sternheim
kenne ich weder persönlich noch schriftlich. "Verwandlung"
ist als Buch erschienen, sieht gebunden schön aus. Ich schicke sie
Dir, wenn Du willst. Ernas Adresse? Kam das Paket zufriedenstellend an?
Sternheim: Den Fontane-Preis des Jahres 1915 erhielt
Carl Sternheim für seine Erzählungen "Busekow", "Napoleon"
und "Schuhlin". Sternheim, der Millionär war, gab die
mit dem Preis verbundene Geldsumme von 800 Mark, einer Empfehlung Franz
Bleis entsprechend, an Kafka weiter. Vgl. Wolff, Briefwechsel, S.
34ff.
Verwandlung: Kafkas Erzählung, bereits im Heft
X (Oktober 1915) der Weißen Blätter veröffentlicht,
erschien im November 1915 als Doppelband (22/23) der Bücherei Der
jüngste Tag (Kurt Wolff, Leipzig).
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at