Russische Drohungen an Schweden

 Stockholm, 18. Januar. Die heutigen Blätter
bringen alarmierende Nachrichten über einen ge-
waltigen Druck, den die Dreiverbändler auf die
schwedische Regierung auzuüben suchen, um die
Durchfuhr von Munition und Kriegsmaterial nach
Rußland zu erzwingen. Man versucht mit derselben
drohenden Geste, die man den Balkanvölkern ent-
gegenhält, eine entsprechende Pression auf Schwe-
den auszuüben. Wie aus eingeweihten Kreisen ver-
lautet, werden alle diese Versuche des Dreiverban-
des an dem unbeugsamen Entschluß der schwedischen
Regierung, die strengste Neutralität zu wahren, völ-
lig wirkungslos abprallen. Aus wohlerwogenen
Gründen hat die Regierung im Einverständnis mit
der Volksstimmung das Ausfuhrverbot von Kriegs-
material erst kürzlich erlassen.
 Von dieser Linie wird Schweden weder durch
Lockungen noch durch Drohungen abzubringen sein.
"Schweden ist", so lautet eine Aeußerung von zu-
ständiger Stelle, "kein Balkanstaat, der seine Ent-
schlüsse nach dem jeweiligen politischen Barometer-
stand modelt, in Schweden gilt seit Gustav Adolf:
Ein Mann ein Wort. Da Volk, Regierung und
Dynastie ihr Wort für eine strikte Einhaltung der
Neutralität verpfändet haben, so wird Schwe-
den eher einen Krieg auf sich nehmen
als sein Wort brechen. Die Dreiverbänd-
ler werden in Stockholm auf Granit beißen."

Quelle: Prager Tagblatt - Mittagsausgabe - 19.1.1915

Zeitungsnotiz: 19.1.1915