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[Tagebuch, 15. Februar 1914; Sonntag]

15 II 14

Wie lang mir dieser Samstag und Sonntag im Rückblick scheint. Ich habe mir gestern nachmittag die Haare scheren lassen, dann den Brief an Bl. geschrieben, bin dann einen Augenblick lang bei Max gewesen in der neuen Wohnung, dann Elternabend neben L. W., dann Baum (in der Elektrischen Krätzig getroffen "Notstich"), dann auf dem Rückweg Maxens Klagen über mein Stummsein, dann die Selbstmordlust, dann die Schwester vom Elternabend zurückgekommen, unfähig das geringste zu berichten. Bis 10 im Bett, schlaflos, Leid und Leid. Kein Brief nicht hier, nicht im Bureau, Brief an Bl. auf der Franz Josefs Bahn eingeworfen, Nachmittag Gerke, Spaziergang an der Moldau, Vorlesung in seiner Wohnung, merkwürdige Mutter beim Butterbrotessen und Patiencelegen, allein 2 Stunden herumgegangen, entschlossen Freitag nach Berlin zu fahren, Khol getroffen, zuhause mit Schwagern und Schwestern, dann bei Weltsch Besprechung der Verlobung (Kerzenauslöschen des Joine Kisch) dann zuhause Versuche aus der Mutter durch Schweigen Mitleid und Hilfe herauszulocken, jetzt Schwester, erzählt vom Clubabend, es schlägt 12.

Ich sagte bei Weltsch, um die aufgeregte Mutter zu trösten: "Ich verliere ja Felix durch diese Heirat auch. Ein verheirateter Freund ist keiner." F. sagte nichts, konnte natürlich auch nichts sagen, aber er wollte es nicht einmal.

Das Heft fängt mit Felice an, die mir am 2. V 13 den Kopf unsicher machte, ich kann mit diesem Anfang das Heft auch schließen, wenn ich statt unsicher ein schlimmeres Wort nehme.

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at