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An Grete Bloch

18.III.14
 


Liebes Fräulein Grete, nur keine Rache, nur das nicht! Ich schreibe schon ins Bureau. Daß ich Ihnen lieber in die Wohnung geschrieben habe, hat verschiedene Gründe gehabt, unter anderem den, dass ich auf den ersten Bureaubrief keine Antwort bekommen und daraus geschlossen habe, dass die Briefe im Bureau in schlechterer Stimmung gelesen werden, was ja gewiß wahr ist. Außerdem aber habe ich Ihnen im ersten Bureaubrief mit solcher Energie (übrigens ganz verpuffter Energie) geraten, aus Wien wegzugehn, dass ich nachträglich Angst bekam für den Fall, als der Brief zufälligerweise von jemand andern geöffnet worden sein sollte, für eine gegnerische Firma gehalten zu werden, die, was ja nicht so unwahrscheinlich aussehn würde, nach Frl. Bloch schnappen will.

dass Sie meine Annahme rücksichtlich F.'s bestätigen, ermutigt mich zum Verständnis manches Unverständlichen. Allerdings kann sich nach dem, was Sie sagen, durch die Abreise des Bruders, wenn sie nicht weitere Folgen hat, in der Lage der Familie nicht viel verschlimmert haben, da er sie ja nicht viel verbessert hat. Daß die Reisekosten F. abhalten würden, nach Dresden zu fahren, ist allerdings eine mir zu freundlich gesinnte Erklärung, nein, liebes Fräulein Grete, daran glauben Sie auch nicht im Ernst. Zumindest können die Reisekosten F, nicht abhalten, mir zu schreiben, dass sie nicht kommen kann, und tatsächlich sind schon nicht ein, nicht zwei, sondern bald schon 3 Briefe unbeantwortet. Auch die Mutter ist doch kein ernstliches Hindernis, F. hat selbst öfters von der Möglichkeit einer Zusammenkunft in Dresden gesprochen. Nein, nein, das ist es nicht.

Wohl aber liegt mir jetzt sehr viel daran, mit F. zusammenzukommen, um - F.'s Brief, von dem ich Ihnen geschrieben habe, gibt mir ein viel besseres Hilfsmittel dazu, als ich es früher hatte - möglichste Klarheit und Entschlußfreiheit für mich zu bekommen. Darum habe ich ihr vor einer Stunde telegraphiert, ob sie damit einverstanden ist, dass ich Samstag nach Berlin komme. Durch Telegramme läßt sie sich zu Telegrammen doch noch am leichtesten zwingen.

Fahre ich aber nicht nach Berlin und müssen Sie nicht nach Budapest, dann sind wir - nicht wahr? - in Gmünd beisammen. Nicht etwa von Ihnen aus gesehn, liebes Fräulein Grete, wohl aber von ganz oben aus gesehn, verdiene ich den Sonntag in Gmünd unbedingt. Sehen Sie nur in der Beilage, wie man für später für uns sorgen will.

War es ein wichtiger Besuch, der Besuch vom Montag? Hat er Sie ein wenig erheitert? Um die Zeit, als Sie den Brief schrieben, dürfte ich etwa aus dem Bett aufgestanden sein, um ein Fenster zu schließen, denn von dem Sturmwind zitterten mir alle Zimmerwände. Sie weckten mich nicht, denn ich schlief nicht, aber ich wollte Ruhe haben. Dann schlug nur noch irgendeine unerreichbar ferne offene Tür auf dem Gang oder sonstwo oder gar nur im Halbschlaf regelmäßig krachend auf und zu.

Sie schreiben nichts mehr von den Kopfschmerzen; bedeutet das, dass sie durch strenge vegetarische Diät beseitigt sind? Dadurch machen Sie aber eine ungemeine Freude Ihrem unter selten aufhörenden Kopfschmerzen leidenden Naturheilmenschen

Franz K.




Beilage: Beilage nicht vorhanden.


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at