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[Tagebuch, 27. November 1913; Donnerstag]

27. XI (1913) Ich muß aufhören, ohne geradezu abgeschüttelt zu sein. Ich fühle auch keine Gefahr dass ich mich verlieren könnte, immerhin fühle ich mich hilflos und außenstehend. Die Festigkeit aber, die das geringste Schreiben mir verursacht, ist zweifellos und wunderbar. Der Blick, mit dem ich gestern auf dem Spaziergang alles überblickte!

Das Kind der Hausmeisterin, die das Tor öffnete. Eingepackt in ein altes Frauentuch, bleich, starres fleischiges Gesichtchen. Wird so von der Hausmeisterin in der Nacht zum Tor getragen.

Der Pudel der Hausmeisterin, der unten auf einer Stufe sitzt und mein im vierten Stockwerk beginnendes Trampeln behorcht, mich ansieht, wenn ich bei ihm ankomme und mir nachschaut wenn ich weiterlaufe. Angenehmes Gefühl des Vertrautseins, da er über mich nicht erschrickt und mich in das gewohnte Haus und seinen Lärm einbezieht.

Bild: Taufe der Schiffsjungen beim Passieren des Äquators. Das Herumlungern der Matrosen. Das nach allen Richtungen und Höhen abgekletterte Schiff bietet ihnen überall Sitzgelegenheiten. Die großen Matrosen, die an den Schiffsleitern hängen und sich mit mächtiger runder Schulter Fuß vor Fuß an den Schiffsleib drücken und auf das Schauspiel hinuntersehn.

"Jemand läutet! " sagte Elsa und hob den Finger.

Ein kleines Zimmer. Elsa und Gertrud sitzen mit Handarbeiten beim Fenster. Beginnende Dämmerung.

E. Jemand läutet.

Beide horchen.

G. Es hat wirklich geläutet? Ich habe nichts gehört. Ich höre immerfort weniger.

E. Es war nur ganz leise. (Geht ins Vorzimmer öffnen) Im Vorzimmer werden einige Worte gewechselt. Dann die Stimme E.

Bitte hier einzutreten. Geben Sie acht, dass Sie nicht stolpern. Gehen Sie bitte voraus, es ist nur meine Schwester im Zimmer.

Die Schwestern Gelsenbauer, Elsa und Gertrud, hatten drei Zimmer zu vermieten, eines war an eine Klavierlehrerin vermietet, das zweite an einen Viehhändler

Letzthin erzählte uns der Viehhändler Morsin folgende Geschichte. Er war noch aufgeregt, als er sie erzählte, trotzdem die Sache schon einige Monate zurückliegt:

Ich habe geschäftlich sehr oft in der Stadt zu tun, es werden durchschnittlich gewiß 10 Tage im Monat sein. Da ich dort auch meistens übernachten muß und seit jeher wenn es nur irgendwie möglich ist, das Wohnen im Hotel zu vermeiden suche, so habe ich ein Privatzimmer gemietet, das einfach,

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at