Voriger Eintrag Jahresübersicht | IndexseiteNächster Eintrag

[Tagebuch, 14. Juli 1913; Montag]

14. (August 1913) Es ist das Gegenteil eingetroffen. Es kamen drei Briefe. Dem letzten konnte ich nicht widerstehn. Ich habe sie lieb, soweit ich dessen fähig bin aber diese Liebe liegt zum Ersticken begraben unter Angst und Selbstvorwürfen.

Folgerungen aus dem "Urteil" für meinen Fall. Ich verdanke die Geschichte auf Umwegen ihr. Georg geht aber an der Braut zugrunde.

Der Coitus als Bestrafung des Glückes des Beisammenseins. Möglichst asketisch leben, asketischer als ein Junggeselle, das ist die einzige Möglichkeit für mich, die Ehe zu ertragen. Aber sie?

Und trotz allem, wären wir, ich und Felice, vollständig gleichberechtigt, hätten wir gleiche Aussichten, und Möglichkeiten, ich würde nicht heiraten. Aber diese Sackgasse, in die ich ihr Schicksal langsam geschoben habe, macht es mir zur unausweichlichen, wenn auch durchaus nicht etwa unübersehbaren Pflicht. Irgend ein geheimes Gesetz der menschlichen Beziehungen wirkt hier.

Der Brief an die Eltern machte mir große Schwierigkeiten besonders deshalb, weil ein unter besonders ungünstigen Umständen abgefaßtes Concept sich lange nicht abändern lassen wollte. Heute ist es mir doch beiläufig gelungen, wenigstens steht keine Unwahrheit darin und es bleibt doch auch für Eltern lesbar und begreiflich.

Wie kalt ich heute abend - Oskar und die Frau waren nicht zuhause - mit dem vermeintlich von mir geliebten Leo spielte. Er war mir widerlich fremd und dumm.

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at