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Franz Kafka an Kurt Wolff
Sehr geehrter Herr Wolff!
Meinen herzlichsten Dank für die Sendung! Geschäftlich kann ich
natürlich den "jüngsten Tag" nicht beurteilen, aber
an und für sich scheint er mir prachtvoll.
Als ich das Bild in meinem Buche sah, bin ich zuerst
erschrocken, denn erstens widerlegte es mich, der ich doch das allermodernste
New York dargestellt hatte, zweitens war es gegenüber der Geschichte
im Vorteil, da es vor ihr wirkte und als Bild konzentrierter als Prosa
und drittens war es zu schön; wäre es nicht ein altes Bild, könnte
es fast von Kubin sein. Jetzt aber habe ich mich schon längst damit
abgefunden und bin sogar sehr froh, dass Sie mich damit überrascht
haben, denn hätten Sie mich gefragt, hätte ich mich nicht dazu
entschließen können und wäre um das schöne Bild gekommen.
Ich fühle mein Buch durchaus um das Bild bereichert und schon wird
Kraft und Schwäche zwischen Bild und Buch ausgetauscht. Von wo stammt
übrigens das Bild?
Nochmals meinen besten Dank!
Ihr ergebener
F Kafka
Gleichzeitig bestelle ich: 1 Schönheit häßlicher
Bilder ungebunden, 5 "Heizer" gebunden und für später
3 "Arcadia" gebunden
das Bild in meinem Buche: Auf Vorschlag von Franz
Werfel war auf dem Umschlag des "Heizer" ein Stahlstich aus
dem 19. Jahrhundert abgebildet, "The Ferry at Brooklyn, New York",
nach einer Zeichnung von W.H.Bartlett gestochen von G. K. Richardson. Vgl.
den Antwortbrief Wolffs vom 27. V. 1913.
Schönheit häßlicher Bilder: Max
Brod, "Über die Schönheit häßlicher Bilder.
Ein Vademecum für Romantiker unserer Zeit". Leipzig: KWV 1913.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at