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An Felice Bauer

12. VIII. 13
 


Mich überläuft ein Widerwillen, Felice, wenn ich daran denken maß, dass Du an einem schönen Morgen, halbwegs frisch ausgeschlafen, in Erwartung eines angenehmen Tages beim Frühstück sitzt und Tag für Tag meine verfluchten Briefe wie Nachrichten aus der Unterwelt Dir überreicht werden. Was soll ich aber tun, Felice? Ich fühle in Deinen letzten Briefen und Karten Deine Nähe, Deine Hilfe, Deine überzeugte Entschlossenheit nicht, und ohne ihrer sicher zu sein, kann ich nicht die geringste Anknüpfung mit Deinen Eltern vollziehn, denn Du, ganz allein Du bildest meine einzige wesentliche Verbindung mit Menschen und nur Du sollst sie in Zukunft bilden. Ich maß also die Antwort auf meinen gestrigen Brief abwarten. Verstehst Du denn meine Lage nicht, Felice? Ich leide noch viel mehr, als ich leiden mache, was allerdings an sich, trotzdem es viel bedeutet, noch nicht die geringste Selbstrechtfertigung für mich enthält.

Dein Franz


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at