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An Felice Bauer

27. VII. 13
 


Wieder ein Sonntag ohne Dich! Es ist doch ein häßliches Leben. Und das schlimme ist, dass Du mir nur deshalb nicht geschrieben haben kannst, weil Du meinen Expreßbrief mißverstanden hast. Der Brief, den Du heute bekommen hast, hat es ja klar Betnacht. Aber darf es überhaupt ein Mißverständnis unter uns geben? Bin ich nicht Dein, bist Du nicht mein? Ist es ein Einwand dagegen, dass ich bis an den Hals in meiner Familie stecke? Desto großartiger wird der Schwung sein, mit dem ich herauskommen. Wer weiß übrigens, was aus mir geworden wäre, wenn ich, blutleerer Mensch, nicht 30 Jahre in dieser Familienwärme gelegen hätte?

Aber in alledem ist kein ernsthaftes Hindernis, wir gehören zusammen und werden zusammensein, nur müssen wir dem Vater irgendwie klarmachen, dass wenn wir einmal verheiratet sind, kein Heller seines Vermögens in unsere Wirtschaft kommen darf. Schon die Vorstellung dessen macht mir ein Wohlbehagen.

Freilich weiß ich dann noch immer nicht, was Deine Eltern sagen werden und wie man sie zum Sprechen bringt.

Aber nun bitte, liebste Felice, jeden Tag schreiben, wenn es möglich ist, und zwar ins Bureau, sonst dauert es zu lange, ehe ich es bekomme. Das weißt Du ja und schreibst mir doch immer wieder (immer wieder!, in den letzten 14 Tagen war es alles in allem einmal) in die Wohnung.

Also Mut und Vertrauen und kein Mißverstehen!

Franz


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at