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An Felice Bauer

13.VII. 13
 


Auf unserem Balkon ist es am Abend schön. Ich bin dort jetzt ein Weilchen gesessen. Ich bin unsinnig müde, heute früh, als ich, von der Nacht nur noch viel müder gemacht, aufstehn sollte, habe ich wirklich alles rund um mich verflucht, und mich insbesondere. Wenn ich nicht ordentlich schlafen kann, wie werde ich jemals wieder ordentlich schreiben können? Und wenn ich das nicht kann, dann ist alles ein Traum und zwar ein durchschauter Traum.

Mein neuer Plan ist natürlich nicht der beste Plan. Der beste Plan wäre doch wahrscheinlich, auf irgendeine schlaue Weise etwas Geld zusammenzubringen und mit Dir für immer nach Süden zu fahren auf eine Insel oder an einen See. Im Süden ist, glaube ich, alles möglich. Dort abgeschlossen leben und von Gras und Früchten sich nähren. Aber ich brauche nicht einmal sehr tief in mich hineinzuschauen und ich will nicht einmal nach Süden fahren. Nur die Nächte mit Schreiben durchrasen, das will ich. Und daran zugrundegehn oder irrsinnig werden, das will ich auch, weil es die notwendige längst vorausgefühlte Folge dessen ist.

Aber mein neuer Plan ist folgender: Die Wohnung, die ich für uns ausgesucht hatte, kann erst im Mai nächsten Jahres bezogen werden, vorausgesetzt, dass ich sie bekomme, sie ist im Haus einer Baugenossenschaft, deren Mitglied ich geworden bin. Wir verlieren also, Felice, keine Zeit, wenn ich jetzt noch nicht an Deine Eltern schreibe. Bleiben wir also, wie wir sind, bis zum Feber, Jänner oder Weihnachten. Du wirst mich noch besser kennenlernen, es gibt noch einige schreckliche Winkel in mir, die Du nicht kennst. Du wirst die Sommerreise machen und Dir auch dadurch sowie durch die Briefe von meiner Reise einen bessern Überblick verschaffen. Vor allem aber werde ich im Herbst diesen Verlockungen zum Schreiben endlich nachgeben, wenn es nur meine. Gesundheit erlaubt, und werde dann selbst sehn, was in mir ist. Ich habe ja so wenig erst gemacht, ich bin nichts, vielleicht gelingt mir etwas im Herbst, schonen will ich mich nicht. Du wirst dann klarer sehn, mit wem Du Dich verbinden willst und was es zu bedenken gibt. Ich freilich werde Dir dann so gehören wie heute. Was sagst Du zu diesem Plan?

Franz


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at