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An Felice Bauer
Das ist also das Ende, Felice, mit diesem Schweigen entläßt
Du mich und beendest meine Hoffnung auf das einzige Glück, das mir
auf dieser Erde möglich ist. Aber warten dieses fürchterliche
Schweigen, warum kein offenes Wort, warum quälst Du Dich seit Wochen
sichtbar, so schrecklich sichtbar, mit mir ab? Das ist nicht mehr Mitleid
von Deiner Seite, denn wäre ich der Dir fremdeste Mensch, Du hättest
doch sehen müssen, wie ich unter dieser Unsicherheit so leide, dass
mir manchmal die Besinnung vergeht, und es kann auch kein Mitleid sein,
das in solchem Schweigen endigt. Die Natur geht ihren Gang, da ist keine
Hilfe, je mehr ich Dich kennenlernte, desto mehr liebte ich Dich, je mehr
Du mich kennenlerntest, desto unleidlicher bin ich Dir geworden. Hättest
Du das doch eingesehn, hättest Du offen gesprochen, hättest Du
doch nicht so lange gewartet, bis es Dir unmöglich wird, bis Du Dich
nicht mehr überwinden kannst, mir auch nur ein Wort von einer 5-tägigen
Reise zu schreiben, mir auf Briefe, in denen ich Dich um Entscheidung bitte,
auch nur mit einer Zeile zu antworten, mich in meinem Unglück, dass
ich so
lange von Dir nichts gehört habe, irgendwie zu trösten? Und noch
gestern sagtest Du mir, als ich Dich zum Telephon gerufen hatte und ich
allerdings nur ganz wenig verstand, denn vor Glück, Deine Stimme zu
hören, rauschte es mir zu sehr in den Ohren: Du hättest Sonntag
abend mir geschrieben und spätestens heute, Dienstag, hätte ich
den Brief in der Wohntrog. Nein, ich habe nichts, Du hast weder Sonntag,
ja nicht einmal Montag nach dem Telephongespräch geschrieben, Du kannst
nicht schreiben, aber Du kannst es auch nicht sagen, dass Du nicht
schreiben kannst. Wenn ich jetzt daran denke, dass das einzige Selbständige,
was Du mir gestern zu sagen hattest, die Frage war, wie es mir geht, dann
geht mir wirklich der Verstand aus den Fugen. So kann ich nicht länger
leben. Wahrscheinlich muß ich Dich nicht mehr dazu auffordern, aber
trotzdem bitte ich Dich noch ausdrücklich, schreibe mir nicht mehr,
kein Wort, handle so, wie es Dir Dein Herz sagt. Ich werde Dir auch nicht
schreiben, Du wirst keine Vorwürfe hören, Du wirst nicht mehr
gestört werden, und nur das eine bitte ich Dich im Gedächtnis
zu behalten, dass, wieviel Zeit des Stillschweigens auch vergeht,
ich auf den leisesten aber wahren Anruf Dir gehöre, heute wie
immer.
Franz
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at