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An Felice Bauer
Eben bin ich gekommen, Felice, es ist also recht spät, aber ich muß
Dir schreiben, ich denke an nichts als an Dich, alles, was ich auf der
Reise gesehen habe, hatte Beziehungen zu Dir und der Eindruck von allem
bestimmte sich nach der Freundlichkeit oder Unfreundlichkeit dieser Beziehungen.
Wir haben noch so vieles miteinander zu besprechen, Felice! Mir schwirrt
der Kopf. Das macht einem doch nur die Reise klar, anders als durch Gegenwart
ist das nicht zu erkennen. Weißt Du, dass ich eigentlich jetzt
sehr zuversichtlich bin, wir haben noch einiges Schreckliche zu durchsprechen
und wären vielleicht doch im Freien. Du weißt ja, dass
ich Dich immer auf häßlichen Wegen führt, selbst wenn ein
schöner See in der Nähe ist. Macht das alles nur die späte
Nachtstunde? Als ich in Berlin meinen Koffer packte, hatte ich einen andern
Text im Kopf. "Ohne sie kann ich nicht leben und mit ihr auch nicht",
damit warf ich ein Stück nach dem andern in den Koffer und etwas war
fast daran, mir die Brust zu zersprengen.
Jetzt werde ich es aber nicht mehr auflösen, glaubst Du nicht, es
ist 1 Uhr gerade. Nur die liebe Hand schaffe ich mir noch im Geiste her.
Waren das zwei Schwurfinger, die man gehoben hat, als man im Lift aufwärts
schwebte?
Franz
[Am unteren Rande der beiden letzten Seiten Eine Bitte! Bitte eines armen
Menschen, der Unsicherheit nicht erträgt. Willst Du mehr als einmal
wöchentlich schreiben, dann also z. B. immer einen Brief für
Mittwoch und noch einen für Sonntag. Ja?
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at