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An Felice Bauer

7. V. 13
 


Geplagt und herumgerissen wird diese Felice, und für nichts! Du kennst meine Klagen darüber, ich wiederhole sie nicht mehr.

Sonntag vormittag soll ich Dich also nicht sehn, Felice? Nur die Stimme hören? Eine Freude allerdings, die einen Vormittag erfüllen kann, hätte ich nur mehr als zwei Vormittage. Zum Empfangstag zu gehn wäre doch eile wenig zu phantastisch, glaubst Du nicht? Ich bin fremd, kenne weder die Hausleute noch die Gäste, gratuliere zu einer Verlobung eines Brautpaares, das ich erst im Augenblick der Gratulation kennenlerne - trotzdem hätte ich grundsätzlich nichts dagegen, denn ich bestehe in regelrechten Situationen gewiß auch nicht besser, im Gegenteil. Wenn es also von der Gesellschaft aus möglich ist, dann ist es von mir aus gewiß möglich, denn ich sehe Dich ein Weilchen länger und das genügt mir für derartige Begründungen. Sollte ich Dich aber auch dort nicht sehen können und würdest Du, was ja wahrscheinlich ist, von vielen Menschen dort herumgezogen, dann verzichte ich sehr gerne darauf, besonders da ich mir nicht denken kann, dass es für Dich ohne kleine Unannehmlichkeiten abginge. Aber da Du immerhin die Möglichkeit dieses Besuches erwähnst - aber nein, Du hast es Dir nicht gut überlegt und die Überseepost auf Deinem Schreibtisch hat Dich beirrt. Aber einmal schriebst Du, ich könnte Dich zu Heilborns (es sind 4?) begleiten, und das wäre also das beste und darum bitte ich.

Antelephonieren kannst Du mich natürlich, wann Du willst, vor 9 Uhr wird es Dir ja gewiß nicht möglich seile und von 9 Uhr ab bin ich bereit, wenn Du aber z. B. um 7 Uhr früh telephonieren willst, so mußt [Du] es nur schreiben und ich werde um 7 Uhr in der Telephonzelle stehn wie der Soldat im Wächterhäuschen. Deine Telephonnummer wüßte ich aber für jeden Fall gern.

Natürlich, meine Erzählungen für Deinen Vater waren nichts als eine Idee, das ist nicht auszuführen, es war ein Traum.

Ich habe nur die Sorge, dass ich gerade infolge meines möglichen

Besuches bei Deinen Eltern Dich weniger haben werde, als wenn ich nur zu Dir käme.

Franz


[Am unteren Rande der zweiten Seite Für einen Brief, den Du mir vielleicht für Samstag zugedacht hast, bitte ich, adressier ihn ins Bureau, dort bin ich den ganzen Vormittag, in die Wohnung käme er gewiß erst Sonntag.


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at