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An Felice Bauer
Als ich mich jetzt niedersetzte, um Dir zu schreiben, sagte ich "Liebste"
vor mich hin und merkte es erst später. Könnte ich Dir doch einmal
begreiflich machen, was Du für mich bedeutest! Und dabei kann ich
es aus der Nähe noch weniger als aus der Ferne.
Ich habe nachmittag ganz allein einen Spaziergang gemacht, die Hände
in den Taschen bin ich den Fluß entlang weit hinaufgewandert. Wohl
war mir nicht, immer wieder mußte ich mir sagen, dass es mir
vielleicht immer in gleicherweise schlecht gegangen ist, dass immer
die gleichen Gespenster an der Arbeit waren, dass aber meine Widerstandskraft
viel größer war und immer, immer kleiner wird, dass es
bald nur ein formaler Widerstand wird und endlich auch das aufhören
muß. Es ist wahr, immer staunte ich über die Festigkeit meines
Kopfes, der alles scheinbar aus Verständnislosigkeit abgeschüttelt
hat, aber es war nicht Verständnislosigkeit, sondern nur längst
vergangene Festigkeit. Ich saß jetzt 1 Stunde lang mit meiner Familie
zusammen, absichtlich tun mich aus dem Alleinsein ein wenig zurückzufinden,
aber ich fand mich nicht zurück.
Der Endpunkt meines Spazierganges, ich war in jener Gegend schon jahrelang
nicht gewesen, war eine elende Hütte am Fluß. Das Dach so verfallen,
dass es nur formlos gerade noch aufgelagert war, der kleine Garten
war ein wenig besser gepflegt, schien auch guten feuchten Boden zu haben.
Jetzt in der Erinnerung kommt er mir allerdings merkwürdig dunkel
vor, er lag allerdings ein wenig vertieft und als ich in ihn hineinsah,
war überhaupt schon dunkel, denn ein Gewitter fing an. Das Ganze sah
nicht verlockend aus, trotzdem machte ich Pläne. Das Haus dürfte
nicht gar zu teuer sein, man könnte das Ganze kaufen, ein kleines
ordentliches Haus hinbauen, den Garten besser instandsetzen, eine Treppe
zum Fluß hinunter bauen, der Fluß ist dort genug breit und
über das andere Ufer hat man eine große Fernsicht, unten könnte
man ein Boot angebunden haben und alles in allein vielleicht viel ruhiger
rund zufriedener leben als in der Stadt, mit der man durch die elektr.
Bahn sehr gut verbunden ist. (Nur eine in der Nähe befindliche Cementfabrik
mit viel Rauchentwicklung könnte Bedenken machen.) Diese Überlegungen
waren die einzige tröstliche Unterbrechung des langen Spazierganges.
Franz
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at