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An Felice Bauer

8. IV. 13
 


Also in Frankfurt! Liebste, Du bist doch so brav, dass Du mir selbst im Gedränge der vielen Arbeiten dennoch schreibst. Wollte ich mit Handküssen dafür danken, kämen meine Lippen nicht von Deiner Hand. - Mir ist, als drehte sich ganz allmählich mit der Fahrt Deines Zuges mein ganzes Wesen von Berlin ab und Frankfurt zu. Wie war ich voll Interesse für Oskars letzte Reise nach Berlin, und selbst seine nächste Reise griff mir noch ans Herz, solange Du in Berlin warst, wenn ich auch wußte, dass Du zur Zeit seiner Reise nicht mehr in Berlin sein würdest. Immerhin warst Du noch in Berlin und deshalb war es eine Lust, von Berlin zu reden. Als ich aber gestern bei Oskar war - er las paar Sachen vor, um ihre Wirkung für Berlin zu erproben -, nahm ich alles als zum Teil ausgezeichnete Arbeiten hin, aber meine Gleichgültigkeit gegen die Vorlesung in dem gleichgültigen Berlin ermüdete mich geradezu. Liebste! Ja, von meiner Mutter erzähle ich Dir nächstens, ich schreibe jetzt in großer Eile. Natürlich habe ich ihr von Berlin ein wenig (Du würdest staunen wie schrecklich wenig) erzählen müssen, nur hat mir jenes Hindernis, das mir im Grunewald den Mund versperrte, den Mund auch in Prag versperrt.

Leb wohl Liebste, und viel Glück in der Ausstellung und viel Mut im Hotelzimmer.

Franz


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at