Voriger Eintrag Jahresübersicht | IndexseiteNächster Eintrag

 

An Felice Bauer

vom 16. zum 17. III. 13
 


Rund heraus gefragt, Felice: hättest Du Ostern, also Sonntag oder Montag, irgend eine beliebige Stunde für mich frei und wenn Du sie frei hättest, würdest Du es für gut halten, wenn ich komme? Ich wiederhole, es könnte eine beliebige Stunde sein, ich würde in Berlin nichts tun, als auf sie warten (ich habe wenige Bekannte in Berlin und auch die wenigen will ich nicht sehn, besonders da sie mich mit vielen Literaten zusammbrächten und meine Sorgen viel zu sehr durcheinandergehn, als dass ich das ertragen könnte), und wenn es keine ganze Stunde, sondern 4 Viertelstunden würden, es wäre auch gut, ich würde keine verpassen, ich würde mich nicht aus der Nähe des Telephons rühren. Die Hauptfrage also bleibt, ob Du es für gut hältst; bleibe Dir dessen bewußt, was für ein Mensch in mir zu Besuch kommt. Deine Verwandten, Liebste, will ich aber nicht sehn, dazu bin ich jetzt nicht geeignet und werde es in Berlin noch weniger sein, wobei ich noch gar nicht, noch lange nicht daran denke, dass ich aus den letzten Jahren kaum einen Anzug übrigbehalten habe, in dem ich mich vor Dir, selbst vor Dir sehen lassen kann. Aber das ist wahrhaftig nebensächlich, es lockt einen nur so, sich vor den Hauptsachen, die Du ja sehn und hören wirst, in die Nebensachen zu flüchten. Überlege also die Sache wohl, Felice! Vielleicht hast Du keine Zeit, dann braucht es keine Überlegung, Ostern werden ja gewiß alle zuhause sein, der Vater, der Bruder, die Schwester aus Dresden; die kommende Übersiedlung wird Dich in Anspruch nehmen; für Deine Reise nach Frankfurt wirst Du Vorbereitungen machen müssen, kurz ich würde es sehr wohl verstehn, wenn Du keine Zeit hättest; ich sage das nicht nur aus eigener Unentschlossenheit, ich würde mich vielmehr dann anstrengen, im April nach Frankfurt zu kommen, wenn Du das für gut halten würdest. - Also, antworte bald.

Franz


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at