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An Felice Bauer

16. II. 13
 


Liebste, nur paar Worte in äußerster Eile, damit ich gleich mit der ersten Post bei Dir bin. Vergiß bitte den zum größten Teil widerlichen Brief, den Du gestern bekommen hast. Ich hätte ihn nicht weggeschickt, wenn nicht schon so spät nachts gewesen wäre und ich einen andern Brief gehabt oder zu ihm fähig gewesen wäre. Aber die Regelmäßigkeit unseres Briefwechsels ging mir eben über alle andere Rücksicht. Vielleicht habe ich übrigens - schlaue Entschuldigung - den Widerstand gefühlt, den Du wenigstens damals gegen einen Sonntagsbrief von mir fülltest. Wie immer sich das aber verhält, ich habe den Brief und vielleicht noch eine Menge anderes durch die heutige Nacht genügend abgebüßt, deren größten Teil ich bei urendlicher Schläfrigkeit infolge eines funkelnagelneuen, jämmerlichen Schmerzes in der rechten Schulter, der mich sogar zum Beten zwang, schlaflos verbracht habe. Jetzt ist es aber gut, und als Buße nehme ich ihn gerne hin. Was rede ich denn da wieder für Dummheiten und schaffe mir Material für neue Bußen. Ich bin ein recht unglücklicher Mensch, und Du, Liebste, mußtest schon aufgeboten werden, um ein Gleichgewicht zu allem diesem Unglück zu bilden.

Franz


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at