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[Tagebuch, 26. August 1911; Samstag]

26. Aug. (1911) Morgen soll ich nach Italien fahren. Jetzt Abend konnte der Vater vor Aufregung nicht einschlafen, da er ganz von der Sorge um das Geschäft und von seiner dadurch aufgeweckten Krankheit ergriffen war. Auf das Herz ein nasses Tuch, Brechreiz, Luftmangel, seufzendes Hin- und Hergehn. Die Mutter in ihrer Angst findet neuen Trost. Immer sei er doch so energisch gewesen, über alles sei er hinweggekommen und jetzt - Ich sage dass der Jammer mit dem Geschäft doch nur ein 1/4 Jahr noch dauern könne, dann müsse doch alles gut werden. Er geht seufzend und den Kopf schüttelnd auf und ab. Es ist klar, dass von ihm aus gesehn, seine Sorgen durch uns nicht abgenommen und nicht einmal erleichtert werden, aber selbst von uns aus gesehn nicht, selbst in unserm besten Willen steckt etwas noch so traurige Überzeugung, dass er für seine Familie sorgen muß. - Später dachte ich, er liegt bei der Mutter, soll er sich doch an sie pressen, nahes verwandtes Fleisch muß beruhigen. - Durch sein häufiges Gähnen oder sein übrigens nicht unappetitliches In-die-Nase-greifen erzeugt der Vater eine kleine kaum zum Bewußtsein kommende Beruhigung über seinen Zustand, trotzdem er dies wenn er gesund ist im Allgemeinen nicht macht. Die Ottla hat es mir bestätigt. - Die arme Mutter will morgen zum Hausherrn bitten gehn.

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at