[An Ottla Kafka: Ansichtspostkarte: Lago di Garda, Riva vom Palast-
Hotel Lido aus]
[Stempel: Riva - 7. IX. 09]
Liebste Ottla, arbeite bitte fleißig im Geschäft, damit ich ohne Sorgen es mir gut gehn lassen kann und grüße die lieben Eltern von mir
Dein Franz
Max Brod
Riva: Die Reise nach Riva (Gardasee) im September 1909 war Kafkas
erster Urlaub als Angestellter der "Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen in Prag". Er
wohnte in Riva nicht im (vornehmen) Hotel "Lido", sondern im
kleinen, außerhalb des Ortes gelegenen "Belle Vue". Max Brod
schrieb über diesen Aufenthalt: "Kafka, mein Bruder Otto und
ich verlebten die beschaulichsten Stunden in der kleinen
Badeanstalt unter der Ponalestraße, in den 'Bagni della
Madonnina', - als ich nach dem ersten Weltkrieg wieder nach Riva
kam, fand ich die lieben besonnten grauen Bretter nicht mehr, sah
nicht mehr die funkelnden Eidechsen über die Gartenwege
schlüpfen, die den Übergang von der autobefahrenen
staubigen Straße zum kühlen Frieden des Bades gebildet
hatten."
Geschäft: Spätestens seit 1909 half Ottla im elterlichen
Geschäft, das sich bis zum Herbst 1912 in der
Zeltnergasse Nr. 12 befand. Anfang
1913 schrieb Kafka an Felice: "... die Ottla arbeitet ja in
unserem Geschäft; sie ist schon früh um ¼ 8 beim
Öffnen da (mein Vater geht erst um ½ 9 hin) und bleibt dort
über Mittag, man bringt ihr das Essen hin, erst am Nachmittag
um 4 oder 5 kommt sie nachhause und wenn Saison ist, bleibt sie
auch bis zum Geschäftsschluß."