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An Max Brod

[Prag, Ende 1907]


Mein lieber Max,

in der Freude euch getroffen zu haben, habe ich einige Unvorsichtigkeiten gesagt und erst, als ich von euch weggieng, habe ich mich plötzlich vor folgendem zu fürchten angefangen, nicht wahr, Du schaust zu, dass es nicht geschieht.

    Dass Dein Vater bei H. Weißberger sich für Herrn Bäuml verwenden soll, das bleibt bestehn, er kann auch mich nennen, wenn es mir auch nicht sehr angenehm ist, aber auf keinen Fall, ich bitte Dich, soll er sagen, dass ich unzufrieden bin, den Posten lassen werde, einen Posten bei der Post bekomme und ähnliches. Das wäre mir ungemein leid, denn Herr Weißberger hat mich mit nicht kleiner Mühe in die Assicurazioni gebracht und ich war, wie es sich nach meiner frühem Verzweiflung schickte, über die Maßen begeistert und habe ihm irrsinnig gedankt. Er hat sich auch gewissermaßen bei der Gesellschaft für mich verbürgt und gleich die ersten Worte der Oberbeamten in Gegenwart des Herrn Weißberger haben davon gehandelt, dass es selbstverständlich sei, dass ich für immer bei der Gesellschaft bleibe, wenn ich, was damals noch gar nicht sicher war, einmal aufgenommen würde. Ich habe natürlich mehr als genickt.

    Natürlich, wenn ich eine Stelle bei der Post bekomme, was noch genügend zweifelhaft ist, wird es doch zu solchen Erklärungen kommen müssen, aber vorläufig möchte ich, bitte, meine vergangene Vorsehung nicht mit der Fingerspitze verletzen.

Dein Franz        
 



Quelle: Franz Kafka ; Max Brod: Eine Freundschaft (II). Briefwechsel. Hrsg. von Malcolm Pasley. Frankfurt am Main 1989.


Weißberger: Arnold Weißberger der über die "Union Bank" in Prag Beziehungen zu Brods Vater hatte und dessen Sohn die Madrider Zweigstelle der "Assicurazioni Generali" leitete. Zu diesem Beziehungsnetz siehe KH 332 f.


Bäuml: Max Bäuml (Bäumel), ein Jugendfreund Brods, der im April 1908 starb. "Von da an vertiefte sich meine Beziehung zu Franz", schreibt Brod später (FK 61). Vgl. 1908 Anm. 6.


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at