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[An Max Brod]
[Postkarte. Stempel: Prag, 29.8.07; Donnerstag. Ankunftstempel: Komotau, 29.8.07]

Herrn Dr. Max Brod       Komotau       k.k. Finanzbezirksdirektion

Mein lieber Max - Das war nicht gut. Denn schon unrecht ist es, dass Du mir nicht schreibst, wie es Dir in Komotau geht, aber dass Du mich fragst, wie es mir geht, wie ich den Sommer verbracht habe - Der Anblick des Erzgebirges mag schön sein, selbst über das grüne Tuch des Tisches weg und ich hätte Dich gerne besucht, wenn die Fahrt nicht so theuer wäre - dass Du einen Menschen mit meiner frühern Schrift gefunden hast, ist möglich, jetzt aber schreibe ich anders und nur beim Schreiben an Dich erinnere ich mich an die jetzt vergangenen Bewegungen meiner Buchstaben. Kommst Du nicht Sonntag? Ich wäre froh.

Dein Franz K.


Komotau: Max Brod: "Komotau am Fuße des Erzgebirges, wo ich vorübergehend einen Posten in der Finanzbezirksdirektion erhalten hatte. Hierauf bezieht sich das "grüne Tuch des Tisches". "
Buchstaben: Kafka übertreibt, wenn er hier zu verstehen gibt, er sei zu diesem Zeitpunkt mit der einzigen Ausnahme seiner Briefe an Brod von der deutschen Kurrentschrift zur lateinischen Schreibschrift übergegangen. Es ist zwar nachweisbar, dass der Wechsel der Schrift sich bereits um diese Zeit vollzieht (so benutzt er z. B. auf dem Umschlag eines am 11. September 1907 von Prag abgeschickten Briefes teils Kurrentschrift, teils lateinische Schrift), jedoch füllt er sein Anstellungsgesuch bei der "Assicurazioni Generali" noch am 2. Oktober fast ausschließlich in deutscher Schrift aus und behält in sämtlichen Briefen an Hedwig Weiler aus dem Jahre 1907 (also bis in den Winter hinein, siehe Br 51) die Kurrentschrift bei. Nach den überlieferten Zeugnissen zu schließen, hat er erst um den Jahreswechsel 1907/1908 auf den Gebrauch der Kurrentschrift endgültig verzichtet.

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at