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[An Paul Kisch]
[Prag, nach dem 19. Jänner 1901]

Paul!
Ich erfuhr zu spät von dem, was Dich getroffen hat, um Dir rechtzeitig zu schreiben; aber auch jetzt will es sich nicht zum formellen Beileid fügen. Auch für Dich wird es ja am besten sein, wenn ich möglichst wenig Worte sage.
  Nach dem Beileid, das ich nicht ausgesprochen, das Du aber herausfühlen wirst, - ein Wunsch: "Den Blick frei halten"
Es ist freilich schwer und unmöglich in der ersten Zeit. Du mußt es versuchen. Die Sonne scheint jetzt auf diese Worte, vielleicht bringen sie Dir ein bischen wenig Sonnenschein. Ich wünsche es so.

Dein Franz Kafka


Deiner Mutter und Deinen Brüdern mein inniges Beileid.


Zur Datierung: Nach dem 19. Jänner 1901, dem Todestag von Paul Kischs Vater.
Dich getroffen hat: Anlaß des Kondolenzschreibens war der Tod von Paul Kischs Vater; Herman Kisch (1840 - 1901) war am 19. Jänner gestorben.
Deiner Mutter: Ernestine Kisch, geb. Kuh (1862 - 1937)
Brüdern: Paul Kisch hatte vier jüngere Brüder: Egon Erwin (1885 - 1948), Wolfgang (1887 - 1814), Arnold (1889 - 1942) und Friedrich (1894 - 1968).

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at