Lehre WS 2005/06 : Politischer Islam
Handout mit Informationen zu den Zielen und Inhalten der Lehrveranstaltungen sowie Methoden und Benotung
Auswahlbibliographie
Ziel der Lehrveranstaltung ist es sich mit den theoretischen Grundlagen
und der Ideengeschichte islamistischer Bewegungen zu beschäftigen und
dabei anhand konkreter Beispiele einzelner Bewegungen und Staaten ihre Entwicklung
nachzuvollziehen. Dabei soll es weniger um Methoden politischer und/oder
militärischer Aktivitäten einzelner Gruppierungen gehen, sondern
um die zugrundeliegenden politischen Positionen und die Quellen derselben.
Islamistische Bewegungen sollen dabei als moderne politische Bewegungen
mit ihren islamischen aber auch europäischen Wurzeln analysiert werden.
Die Ideengeschichte des politischen Islam wird sowohl im Kontext europäischer
politischer Ideologien des 20. Jahrhunderts (Faschismus, Nationalismus,
Antiimperialismus) als auch der sich auf Ibn Taimiyya, Mohammed Ibn Abd
al-Wahhab und andere islamische Denker berufenden Strömungen des Islam
analysiert. Als Beispiele politischer Bewegungen des sunnitischen Islamismus
soll auf die Muslim-Bruderschaft Ägyptens und ihren palästinensischen
Ableger Hamas und den sudanesischen Ableger NIF, auf den auf Mawdudi und
die Deobandi-Bewegung zurückgehenden islamistischen Gruppen Indiens,
Pakistans und Afghanistans, sowie die Wahabiten Saudi-Arabiens näher
eingegangen werden. Von Bedeutung sind dabei auch die Schriften Sayyed Qutbs,
die für das Konzept der Jahiliya, aus der die Legitimation eines Gihad
gegen Regierungen islamischer Staaten abgeleitet wurde, eine ebenso wichtige
Rolle spielten wie für die systematische Islamisierung europäischer
antisemitischer Projektionen. Die islamischen Parteien der Türkei sollen
als Beispiel für die (partielle) Integration des politischen Islam
in ein laizistisches System behandelt werden. Daneben wird, wenn auch nur
kurz, der schiitische Islamismus mit der islamischen Revolution im Iran
und den schiitischen politischen Bewegungen im Irak (SCIRI, Da´wa)
behandelt.
Ziel der Lehrveranstaltung ist es den Studierenden einen kritischen Einstieg
in das politische Denken islamistischer Strömungen zu ermöglichen
und eine weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Thema zu
erleichtern. Dabei soll in der Lektüre nicht nur auf politikwissenschaftliche
und islamwissenschaftliche Schriften über den politischen Islam zurückgegriffen
werden, sondern auch auf Übersetzungen von Originaltexten von Sayyed
Qutb, Hasan al-Banna, Abu l-A´la al-Mawdudi und anderen islamistischen
Vordenkern, sowie Gruppierungen wie der Hamas oder der Hizb al-Tahrir.
Neben den Aspekten des Autoritarismus und des Antisemitismus sollen die
Rollenbilder von Frauen in islamistischen Bewegungen analysiert werden (Antifeminismus,
„islamischer Feminismus“). Die Studierenden sollen dazu angehalten
werden inhaltliche Referate in Gruppen vorzubereiten. Pro Einheit soll nur
eine Gruppe zu einem Themenbereich referieren um die Diskussion im Plenum
zu ermöglichen. Zu den Themen der mündlichen Referate sollen zudem
Proseminararbeiten verfaßt werden.