Staatsbedienstete sind – ob zu Recht oder zu Unrecht sei einmal dahingestellt – eine Berufsgruppe, die oft negativ gesehen wird. Davon zeugen Witze wie dieser: Wie spielt man Beamtenmikado? Wer sich zuerst bewegt, hat verloren!

Sehr deutlich wurde dahingehend in den 1920er Jahren der Rechtsanwalt Walter Rode in seinem Pamphlet mit dem Titel „Die Ausrottung der Beamten“ (zitiert in Rodes „Österreichs Beamtenpyramide“, Wien 1927, 5f.) :

„In der Schreibtischlade eines jüngst verstorbenen alpenländischen Abgeordneten fand sich nachstehender Gesetzesentwurf, der nur aus drei Bestimmungen samt kurzer Begründung besteht:

§1

„Jedermann, der nach dem 1. Jänner 1924 ein aus dem Bundesschatz oder sonst aus öffentlichen Geldern dotiertes Amt bekleidet, macht sich des Vergehens der Amtstreiberei schuldig und ist mit strengem Arrest von ein bis sechs Monaten und mit lebenslänglichem Ehrverlust zu bestrafen.“

§2

„Dem Publikum wird das Züchtigungsrecht am öffentlichen Beamten eingeräumt. Eine Überschreitung dieses Züchtigungsrechtes, welche den Tod des Gezüchtigten zur Folge hat, kann nur dann und zwar als Übertretung der leichten körperlichen Mißhandlung geahndet werden, wenn sie nicht durch ein vom Beamten etwa gewagten Widerstand gerechtfertigt erscheint.“

§ 3

„Die Exekutivorgange der Post, der Eisenbahn, der Polizei, der Justiz, der Schulen und Sanitätsanstalten sowie der Finanzen sind als Beamte im Sinne dieses Gesetzes nicht anzusehen.“

In der darauf folgenden Begründung wird argumentiert, dass diese Forderungen den Bürgern als Notwehr gegen eine ineffiziente, böswillige, vom Staat finanzierte Bürokratie zu sehen sind.

Nach dem Erscheinen dieses Pamphlets ließ der Verein der Finanzjuristen in der Neuen Freien Presse veröffentlichen, dass er Rode mitgeteilt habe, die Vereinsmitglieder werden zukünftig jeden auch amtlichen Verkehr mit ihm und seiner Kanzlei ablehnen. Die Rechtsanwaltskammer verlangte seinen Ausschluss, und Anzeigen wegen „„Aufwiegelung gegen Behörden und einzelne Organe der Regierung und Aufreizung zu Feindseligkeiten gegen einzelne Stände der bürgerlichen Gesellschaft“ wurden erstattet (allerdings folgenlos). Als Rode dann sein Buch „Österreichs Beamtenpyramide“ publizierte kam es zu einem Boykott seiner Kanzlei durch die Beamten. 1928 musste er seine Kanzlei schließen und lebte und arbeitete danach als Journalist und Schriftsteller in der Schweiz. Diese biographischen Informationen entnehme ich einem sehr lesenswerten Artikel eines sehr kenntnisreichen Kollegen:

Peter Melichar, Objekt der Begierden? Staatliche Verwaltung und Bürgertum in der Ersten Republik, in: Gertrude Enderle-Burcel/Alexandra Neubauer-Czettl, Edith Stumpf-Fischer (Hg.), Brüche und Kontinuitäten 1918 – 1933 – 1945. Fallstudien zu Verwaltung und Bibliotheken, Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs, Sonderband 12/2013, 39-80, 79.

Genaueres zum Leben Walther Rodes kann man auch hier nachlesen:

Roland Knie/Alfred J. Noll/Daniela Strigl (Hg.), Walther Rode. Aspekte seiner Biografie, Wien 2015.