Weitere Informationen zum Buch (pdf)

Reviews … Rezensionen

Karl W. Kratky: Komplementäre Medizinsysteme. Vergleich und Integration.
Ibera / European University Press, Wien 2003. ISBN 3-85052-148-6
Euro 30

 

Rezensionen in:

Wiener Zeitung: 12.09.2003
Homöopathie in Österreich 4/2003
GZM – Praxis und Wissenschaft 2/2004
Hausarzt 4/2004
Systhema 2/2004

 

Wiener Zeitung: EXTRA vom 12.09.2003

Kratky: Komplementäre Medizinsysteme. Vergleich und Integration

Das sechste Element / Von Gerald Schmickl

Mit dem zunehmenden Interesse an asiatischen und sonstigen alten Heilsweisen, das die letzten Jahre im Westen zu verzeichnen ist, wächst auch das Bedürfnis nach systematischen Vergleichen und integrativer Betrachtung. Wie und worin unterscheiden sich etwa die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und die so genannte moderne Schulmedizin? Was haben Homöopathie und (indisches) Ayurveda gemeinsam? Was trennt die Tibetische Medizin von westlichen Feedback-Therapien?

Die bisher grundlegendste vergleichende Studie medizinischer Modelle legt nunmehr Karl W. Kratky vor, Professor am Institut für Experimentalphysik der Universität Wien. In seinem Buch "Komplementäre Medizinsysteme" beschränkt er sich nicht auf die üblichen, meist metaphorischoberflächlichen Vergleiche, die mit wenigen Schlagworten notdürftige Brücken zwischen den Vokabularen der verschiedenen Traditionen bauen (oder auch einreißen), Kratky geht die Sache grundlegender an. Mit zum Teil hochkomplexen Verfahren mathematisch-logistischer "Natur" arbeitet er, bei exzellenter Kenntnis der einzelnen Medizinschulen, ihre Ähnlichkeiten, aber auch Differenzen auf formalem Wege präzise heraus. Man muss in diesem Buch daher mitunter durch wildes Formelgestrüpp hindurch, was ziemlich abschreckend wirken kann, wird allerdings mit einer Vielzahl an anschaulichen und interessanten Details belohnt.

Kratky, der sich seit mehr als zehn Jahren intensiv mit vergleichenden Modellen beschäftigt (auch im universitären Rahmen), ist dabei - obwohl selbst unzweifelhaft dem westlich-rationalen Wissenschaftsmodell verpflichtet - bemüht, Bewertungen im Sinne von Abwertungen zu vermeiden, also keine Richtung auf Kosten der anderen zu favorisieren, wie das in den elenden Grabenkämpfen zwischen Schul- und Alternativmedizin so häufig erfolgt. Kratky holt die Stärken der einzelnen Traditionen hervor - mit angedeuteten Anwendungsgebieten. Denn schließlich muss nicht jede Medizin jedem zu jeder Zeit helfen. "Es reicht nämlich in der Praxis nicht, dass jede Krankheit prinzipiell mit jeder medizinischen Methode erreichbar ist. Es gibt Krankheiten, die besser mit Ayurveda, und andere, die besser homöopathisch zu behandeln sind. Wieder andere sind durch eine geeignete Kombination verschiedener Methoden am besten in den Griff zu bekommen."

Sehr ausführlich widmet sich Kratky dem interkulturellen Vergleich von chinesischer, indischer und tibetischer Medizin, wobei er bei der TCM, die ja auch aus verschiedenen Traditionen und Richtungen besteht, auf ein älteres Modell zurückgreift, das statt der heute üblichen fünf Elemente (Feuer, Wasser, Erde, Metall, Holz) noch ein sechstes aufwies. Kratky schlägt für dieses sechste Element, das ihm den ganzheitlichen Charakter besser zu erfassen scheint, den Namen "Flora" vor. Auch in mathematischer Hinsicht passen sechs Elemente besser zu den in der gesamten TCM gebräuchlichen zwölf Meridianen.

Wie diese Energiebahnen heutzutage mit modernen radioaktiven Substanzen (Tracern) nachgewiesen werden können, welche Verbindungen von chinesischen Elementen zu ayurvedischen Doshas bestehen - und welche Parallelen diese Regulationsprinzipien wiederum in den Miasmen und Diathesen der Homöopathie finden, zeigt nur ausschnittsweise, auf wie vielen Ebenen man Vergleiche anstellen - und auch finden kann. Die Zeiten allzu einfältiger Zuordnungen (à la "sanfte gegen harte Medizin") sollten mit diesem vielschichtigen Buch jedenfalls vorbei sein. Aber auch das geht nicht immer so einfach und schnell . . .

 

Homöopathie in Österreich 4/2003, S.19-22

Braucht der Jazz den Gulda?

Von Dr.med. Helmut B. Retzek, Vöcklabruck

Review von Karl W. Kratky "Komplementäre Medizinsysteme"

Diese Rezension als PDF-File ansehen - mit Anmerkungen in Fussnoten

Prolog

Friedrich Gulda kennt in Österreich jeder! Ein genialer Ausnahmemusiker, als Jugendlicher bereits mit Preisen ausgezeichnet konnte er das hohe Niveau eines Konzertpianist halten ohne 8 Stunden üben zu müssen, eine wahrhafte Begabung! Irgendwie fehlte ihm die Herausforderung, also begann er Jazz zu spielen, machte Konzerte mit bekannten Jazz-Musikern, schrieb "Jazz-Opern" usw. Er phrasierte technisch brilliant, konnte die Jazz-Pianisten technisch düpieren, aber das war nie Jazz. Er wird bekannt bleiben für seine Beethoven-Einspielungen, als "Jazzer" hinterliess er wenig Substantielles, auch wenn dem Jazz seine ganze späte Liebe galt.

Diese Review hat mich übermässig gefordert und ich habe es mir nicht leicht gemacht. Der Aufwand, die Begeisterung von Prof. Kratky verdienen adäquate Hinwendung! Prof. Kratky erschien mir von der ersten Seite seines Buches an als ein "Stephen Hawking der theoretischen Komplementär-Medizin": ein grosser Geist, der in seiner Freizeit zum puren Vergnügen die unterschiedlichsten Heilsysteme studiert, diese in ihrer Absicht, Sinn und Zweck versteht, sie in eine grosse, universelle Metastruktur einordnen kann. Und genau diesen Anspruch hat das Werk, der Klappentext sagt es deutlich "für im Gesundheitsberufen Tätige". Begleiten Sie mich auf der Reise durch dieses Werk, wir werden sehen wo es uns hinführt.

Einschub

Physiker & Mathematiker leben in einer mir fremden Welt, einer "exakten" Welt, einer digitalen und unzweideutigen. Und ist sie dennoch "inexakt", dann wird diese Inexaktheit systematisiert und erneut "formalisiert", es handelt sich dann eben um ein chaotisches System welches zwischen Atraktoren & Retraktoren stochastisch oszilliert, damit kann das Phänomen erneut exakt eingeordnet werden. Mediziner leben ein völlig anderes Welten-Bild : Inmitten widersprüchlicher Symptom-Gruppen werden widersprüchliche Therapien aufgrund nur temporär geltender pseudokausaler Grundlagen verwendet, dies unter Ausblendung ganz wesentlicher Anteile der Realität gerechtfertigt durch Konzentration auf einige "objektive" Kriterien. Dies gilt immer für die Allopathie, häufig auch für komplementäre Ansätze. Ein Physiker der sich in diesem System einzuordnen versucht, müsste sich vermutlich nach 15 Minuten suizidieren.

Inhalt

Teil1: Facetten der Komplementärmedizin

Nach den ersten Seiten war ich beeindruckt mit welcher Schärfe & Tiefe und mit welchem unglaublichen Talent, nämlich das wesentliche einer Theorie in wenigen Absätzen verständlich zu präsentieren Prof. Kratky beschenkt ist! Musste ich in den 80er Jahren noch ein 300 Seiten Buch lesen, um eine Ahnung zur Chaostheorie zu bekommen, fand ich das wesentliche, den Sukkus hier in 4 Seiten zusammengefasst.

Nun spricht der Physiker & Mathematiker Prof. Kratky in seinem Buch mit SEINER Sprache zu uns ("in Gesundheitsberufen Tätige"). Er beginnt, wie man es von einem exakten Denker erwartet mit der exakten Dokumentation des verwendeten Kontext und dessen Sprache. Es werden mögliche verschiedene "Weltbilder" präsentiert, wir erfahren den Unterschied zwischen Syntaktik, Semantik, zwischen Linearität und Linealität. Wir erkennen die verschiedenen Blickwinkel, unter denen die Realität abstrahierend wahrgenommen werden kann. Jeder dieser Abschnitte ist kohärent, plausibel, nachvollziehbar – jeder dieser Abschnitte ist exakt.

Prof. Kratky jongliert zwischen Aristoteles & Huna, man spürt förmlich seine Begeisterung, den Kick desjenigen, der in verschiedenen Kultur-Systemen gemeinsame Faktoren erkennen und darstellen kann. Es ist die Begeisterung des genialen Physikers, der Kulturübergreifend der "universellen Weltenformel der Gesundheit" auf der Spur ist, man teilt ja seine Liebe zur individualisierenden, konstitutionellen Therapie, seine Faszination für den Mythos Lebenskraft und für Metastrukturen, die diese abzubilden versuchen.

Dieser Abschnitt ist für Dozenten von praktischer Bedeutung, weil tatsächlich in wenigen Seiten die systemische Selbstorganisation und deren mathematische Beschreibung in der Chaostheorie, der Fraktalität dargestellt wird.

Prof. Kratky verzichtet nicht auf die mathematische Darstellung, Hard-Core Ableitungen sind jedoch gekennzeichnet: "diese Unter-Kapitel sind jedoch für besonders Interessierte gedacht und können übersprungen werden".

Es folgt eine Darstellung von Hormesis & Arndt-Schulz, übergangslos eine Abhandlung über das Similegesetz mit ausgezeichneten Referenzen auf historische Vorläufer des von Hahnemann erstmals explizit dargestellten Naturprinzipes. Erneut beweist Kratky mit diesen paar Anmerkungen seine Belesenheit, sein fantastisches Gedächtnis, die Kenntnis der Literatur verschiedenster Heilsysteme, was in der 15 seitigen Referenzen-Liste am Buchende vermutlich nur teilweise abgebildet ist. Das Simileprinzip wird gleich um die Erkenntnisse der modernen Chronobiologie erweitert und verallgemeinert. In nur 2 Seiten beweist er ein intimes Verstehen aller homöopathischen Werkzeuge und Prinzipien – erneut die erstaunliche Demonstration dieses flüssigen Geistes, der in kürzester Zeit eine komplexe Materie präzise bearbeiten und konzentriert aufbereitet wiedergeben kann. Kleine Fehler im Detail sind unbedeutend. Es werden Parallelen in Ayuveda, Bachblüten und Miasmentheorie aufgezeigt.

Im nächsten Abschnitt werden Feedback-Prinzip und darauf beruhende Methoden im Prinzip dargestellt. VEGA, EAV, Kinesiologie und interessante Forschungsresultate dazu , Biofeedback, Trance & Spontanheilung. Virtuos improvisiert Kratky über System-Informations-Therapien und belässt – überraschend – das Phänomen der Arznei-Wirkung im nebulosen.

Das Philosophische Grundprinzip der TCM wird sehr ausführlich, ja virtuos, dargestellt, Kratky hat hierüber scheinbar schon viel publiziert, dem gilt augenscheinlich seine Hauptleidenschaft. Die Beschreibung verbleibt auf der rein formalen Darstellung, die formalen Mechanismen der TCM erschliessen sich einem quantifizierenden, diagrammisierenden Geist auch um vieles besser als das wirre System der Arzneimittelbilder. Erneut wird das Prognos Gerät präsentiert .

Teil II, Integration

Ayurveda wird vergleichend mit Tibetischem System präsentiert. Die grundlegende "Dreiteilung" konstitutioneller Regulations-Muster aus Ayurveda, TCM und Homöopathie (die 3 Ur-Miasmen) wird dargestellt.

Erstmals kommt eine konkrete therapeutische Überlegung ins Spiel: "Mittels einer Übersetzungstabelle... TCM-Diagnose... für Simile-Findung". Formale Gleichsetzungen Ayurvedischer und TCM-Elemente zeigen die prinzipielle Ähnlichkeit dieser zwei grossen Konstitutions-Therapie-Systeme, ohne jedoch über den formalen Aspekt hinauszugehen. Erstmals treten Gienows religionsspekulative Phantasien in Erscheinung . Die Blut-Gruppen-Diät wird in das System eingebaut, dies geht ganz rasch. Interessant dabei die Überlegungen die TCM auf 6 Elemente zu erweitern, weil die Allelkombination AB vermutlich zur Entstehungszeit der TCM noch nicht vorhanden war. Dies ermöglicht schliesslich eine kohärente Darstellung der 6 Ayurvedanischen Konstitutions-Typen gemeinsam mit den durch "Flora" auf 6 erweiterten TCM-Elementen in einem Diagramm. Durch Eintrag einer "Lebensspirale" in dieses Diagramm können nun jene Konstitutions-Konstellationen präsentiert werden, die mehr krank oder mehr gesund sind.

Die genaue Begründung für die Spirale habe ich nicht verstanden, ich steige in diesem Abschnitt des Buches mittlerweile nach dem 2ten Satz aus und muss pausieren, weil mir für die Konfluierung von TCM, Ayurveda, Tibetisch, Westliche Typen usw. einfach die Intelligenz fehlt, nur der Respekt vor dem Autor verhindern aufkeimende Anmutungen in Richtung Konfabulation und Gedankenzudrang mit Weltformel, was später aber wieder zerstreut wird.

In der Folge wird der Text immer dichter, die Trennung in Text und Mathematik unschärfer, diverse Vertiefungen und Beweise werden diagrammatisch oder mit Formeln unterstrichen. Das System gewinnt auch dimensional an Tiefe durch Erweiterung der Scheibe zum Kegel ohne - mittlerweile bin ich in der Buchmitte - bis jetzt durch irgendeinen Absatz Absicht, Ziel und Zielgruppe des Werkes zu demonstrieren. Das Lektorat ist sicher auch schon längst ausgestiegen und vertraut der Macht des Geistes des Autors.

Meine Vermutung: jeder Patient kann konstitutionell in diesem Diagramm positioniert werden, daraus ergeben sich Hinweise auf Diagnose sowie gewisse Rückschlüsse auf Behandlungs-Strategien innerhalb mehrerer Konstitutions-Systeme.

Mithilfe dieser "Gesundheits-Scheibe", deren Herleitung mich so verwirrte, werden nun die verschiedensten Gesundheits-Systeme untersucht. Allen (nichtschulmedizinischen) Systemen ist a priori gemeinsam der Versuch einer Unterteilung der Reaktions- und Regulationstypen und eine darauf basierende Regulationstypspezifische Therapie. Ein Diagramm (wie die Gesundheitsscheibe) kann diese Unterteilung abbilden.

Anthroposophische Lebensweg-Gliederung, Naturelle ("eine Typologie, die sich auf die drei Keimblätter bezieht"), Farben, ... werden auf der Kreisscheibe abgebildet.

Herrlich die Urlaubsbeschreibung auf der Seite 194: die privat-persönliche Segelübung wird zum Beispiel integraler- vs. proportionaler-kybernetische Prozess-Regelung. Und schon finden wir die Kybernetik auf dem Lebenskreis abgebildet, psychologische Grundgefühle, Charakterstrukturen nach Reich/Lowen usw.

Eine umfassende und interessante Chronobiologische Betrachtung zeigt für mich erstmals praktischen Bezug. KH- und Heilungsrhythmik lässt sich aus dem zirkulären Ablauf einzelner Stadien/Elemente (Meridianfolge der TCM wie abgebildet auf der Gesundheits-Scheibe) ableiten.

Reckeweg (wie Schüssler einer, der sich's leichter machte um den Preis des Verlustes tieferer Heilungen) sechs Phasen der Erkrankung lassen sich ohne Verbiegung direkt ins Modell integrieren. Danke für den Hinweis auf die Cancer-Publikation der Firma Heel (S. 223). Pawlowsche Reaktionen bestätigen die stadienhafte Abfolge von Reaktionen aus einem ganz anderen Eck. Gienows erweiterte Miasmen stimmen überraschend gut mit dem Meridiankreis überein, was Gienows Beitrag zur Homöo-Theorie chronischer Krankheiten sicherlich bestärkt . Erstmals verstehen wir die bei Gienow beschriebene Spiegelmiasmatik aus der Kratkyschen Scheibe! Kratky fasziniert durch seine ausgezeichnete Bearbeitung der Scholtenschen Elemente, die – wie wir erwarten – gut in die Gesundheitsscheibe passen. Dieser Abschnitt strahlt durchwegs Klarheit und Kohärenz aus, je deutlicher das bearbeitete System die Natur analog der 5 bzw 6 (bzw 7) Elemente der Gesundheitsscheibe abbilden, desto weniger Verbiegungen sind notwendig um es zu integrieren, was sich in der Verständnisbereitschaft des Textes abbildet.

Bei der Präsentation der Potentiallandschaft verliert mich Kratky wieder. Ich erahne dass er "Metastabile Zustände" beschreibt in denen die gestörte Lebenskraft fixiert steckt und die über eine "Zonengrenze" ineinander übergehen können (wir würden miasmatische Regulations-Ebene dazu sagen). Dieser für uns Homöopathen so praktisch wichtige Abschnitt, der bisher innerhalb unseres Systems nicht adäquat ausformuliert wurde, richtet sich v.a. wieder an Physiker. So schön das Beispiel des Rauschens, der Bipolaren Senke usw. manche Aspekte theoretisch erklären, es bleiben Abstraktionen, sind keine präzisen Darstellungen der tatsächlichen "chaotischen" Dynamik. Dem Praktiker bieten sie Stimulation, aber keine Hilfe; wir Praktiker verbrennen während wir die Folgen des Wirbelsturms zu beseitigen, welchen der Schmetterling über Athen ausgelöst hat! Die Ausformung in der Natur ist tatsächlich viel komplexer, es gibt mehr als "2" Sulphur Typen, Digitalis ist u.a. ein Herzmittel hat aber ein sehr breites Spektrum, Gienow ist theoretisch interessant aber nur in 5 von 100 Fällen massgeblich in die Therapie-Entscheidung eingebunden und jedes noch so plastische Modell verliert an der unberechenbaren Vielfalt der Natur. That's Jazz, man!

Die Bearbeitung der Kabbala, der germanischen Kosmologie, der Enneagramme überfliege ich nur mehr, die letzten Seiten des Buches sind wie alle vorhergehenden. Bewundernswert, wie Kratky sich bis zum Schluss treu bleibt: auf der letzten Seite zitiert er Stanislav Grof, beschreibt die Transpersonale Psychotherapie, Ken Wilbers Mystik um mit einen Hinweis auf ein weiteres Buch über interkulturelle Gesetzmässigkeit der Medizin abrupt zu enden. Eine 8 monatige Reise endet damit wie sie begann: voller Bewunderung über diese phänomenale, sammelnde, ordnende, systematisierende & synthetische Fähigkeit eines einzelnen Menschen.

Fazit

Insgesamt kann durch diese Zusammenschau verschiedenster Kulturen bestätigt werden, dass im Organismus tatsächlich Regelsysteme tätig sind, dass eine gerichtete, stadienhafte Abfolge von Reiz-Reaktions-Muster existent ist, und dass die grossen Konstitutions-Lehren dies tatsächlich und wahrhaftig abbilden, was eben durch die grossen Übereinstimmungen bewiesen wurde. Dies ist weder neu, noch einmalig sondern bestätigt erneut "dass es in der Sonne warm und im Schatten kühl ist".

Das Einmalige dieses Buches liegt in der Aufarbeitung einer unfassbaren, unglaublichen, für mich unüberschaubaren Anzahl an interessanten Beiträgen zur KH- und Gesundheits-Theorie, viele dieser Werke werden gerade und ausschliesslich dank Kratkys Referenz am Leben bleiben.

An wen richtet sich nun dieses Werk: ich kann es beim besten Willen nicht sagen. Kratkys intellektuelle Meisterleistung richtet sich dank Sloterdijk'schen Duktus & Diktion an jene Theoretiker, die Heidegger nicht mit dem Musiker Heidinger verwechseln. Bringt dieses Werk dem Praktiker unmittelbare Vorteile? Voll Ehrfurcht & Respekt wage ich zu behaupten: nein, ganz sicher nicht. Trotzdem empfehle ich den Kauf aus politischen Gründen unbedingt: derartige Publikationen müssen gewürdigt und ihr Erscheinen unterstützt werden.

Dieses Werk wird wohl von bleibender Dauer sein und noch in Jahrhunderten als intellektuelle Meisterleistung bewundert werden, für den Praktiker spielt der Gulda hier Jazz.

Diese Rezension als PDF-File ansehen - mit Anmerkungen in Fussnoten

 

GZM – Praxis und Wissenschaft. Jahrgang 9, 2/2004, S.15
Fachorgan der Internationalen Gesellschaft für Ganzheitliche Zahn-Medizin e.V.

Buchbesprechung

Karl W. Kratky

Komplementäre Medizinsysteme – Vergleich und Integration
(Sachbuch und Grundlagenwerk)
Ibera / European University Press, Wien 2003.
ISBN 3-85052-148-6
320 Seiten, Preis: 30 €

Karl KRATKY ist Professor der Physik. Doch er beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der komplementären Medizin und dies nicht nur auf einige wenige Methoden beschränkt, sondern so umfassend, wie es kaum ein Mediziner von sich behaupten kann. Allerdings ist der Inhalt des Besuches dementsprechend theoretisch und wer hier für die praktische Arbeit Anregungen sucht, kommt vordergründig nicht auf seine Kosten. Und doch ist das Werk wichtig für alle komplementär ausgerichteten Therapeuten, die die Hintergründe, den transkulturellen Vergleich, die zugrundeliegenden physikalischen Erklärungen sowie die neuesten wissenschaftlichen Erhärtungen zu diesen von offizieller Seite so oft angezweifelten Methoden erfahren wollen. Hierfür ist das Buch eine wahre Fundgrube. Durch die Darstellung der Chaostheorie, der Systemwissenschaft, der Erkenntnisse über Fraktale, über Selbstorganisation u.a. werden sich die meisten Mediziner zwar nur mit Mühe hindurcharbeiten können. Doch diese modernen Einsichten erweisen sich als das wissenschaftliche Fundament für die meisten der komplementären Verfahren.

KRATKY bietet eine ungewöhnliche Unterteilung an, die sich jedoch als sinnvoll erweist, will man dem bisherigen rein kausal-analytischen Erkenntnisweg nicht nur eine aus dem neuen nicht-linearen Verständnis entwickelte Erklärung gegenüberstellen, sondern die einzelnen komplementären Methoden näher durchleuchten und differenzieren. KRATKY wählt dafür einen vierfachen "Blickwinkel" ("BW"): Außer der naturwissenschaftlichen objektiven Erkenntnis ("BW 1") auch die dynamische Vernetzung mittels Systemen ("BW 2"), ferner den geisteswissenschaftlichen Zugang mit seinem vordergründigen Symbolcharakter, mit Analogien und Hermeneutik ("BW 3") und schließlich den spirituellen ("BW 4") als die holistische, symbiontische, mystische Erfahrungsweise. In den Kapiteln, die den einzelnen komplementären Methoden gewidmet sind, wird diese Unterscheidung griffig und bietet zuletzt auch Erklärungen für therapeutische Erfahrungen an wie etwa die Geistheilung u.ä.

Hier haben Physiker weit weniger Hemmungen als Mediziner, zumal wenn sie den Zwang, alles linear-naturwissenschaftlich erklären zu müssen, überwunden haben. So hat heute ein Physiker wie KRATKY keine Verständnisprobleme mehr bezüglich der Herstellung homöopathischer Potenzen auf dem Wege der elektronischen Aufprägung elektromagnetischer Felder. Er scheut in seinem Buch auch keine Tabus, wie etwa das Thema Elektroakupunktur und Bioresonanztherapie, deren Phänomene er über Rückkopplungsschleifen erklärt.

KRATKY diskutiert als Erklärung für viele Phänomene den erstmals von W. LUDWIG beschriebenen ,,Aufmerksamkeitsreiz": jenen Bewusstseinsfaktor, der oft schon als Auslöser genügt, um Veränderungen an offenen Systemen in Gang zu setzen. Offensichtlich ist nicht nur das Bewusstsein des Patienten, sondern auch das des Therapeuten von Bedeutung und fließt in viele medizinische Methoden ein. In der Physik ist der Einfluss von Präsenz und Erwartung des Experimentators innerhalb der Versuchsanordnung längst bewiesen, während die medizinische Wissenschaft hier noch Scheu zeigt. In der modernen Schmerzforschung allerdings gilt als gesichert, dass das Bewusstsein - positive Erwartung oder aber Resignation - den Therapieverlauf beeinflusst.

KRATKY geht es wesentlich um den Vergleich und die Synopsis der diversen komplementären Methoden. Hierfür unternimmt er es allerdings, tradierte Modelle aufzulockern bzw. neu zu interpretieren: So erweitert er zum Beispiel das Fünf-Elementen-Modell der Traditionellen Chinesischen Medizin um ein 6. Element ("Flora" = Pericard / Dreierwärmer). Das mag angesichts der 12 Meridiane nachvollziehbar sein, wird aber von den Traditionalisten unter den Akupunkteuren kaum akzeptiert werden. Der Vorteil einer solchen Erweiterung liegt darin, dass sich auf diese Weise eine weitgehende Kongruenz zum Dosha-Svstem der Ayurvedischen Medizin ergibt. KRATKY geht es hierbei um grundsätzliche Parallelen und Übereinstimmungen zwischen den verschiedenen Medizinsystemen, und insoweit erscheint mir dieser mutige Brückenschlag legitim.

Meines Erachtens werden die Vertreter der verschiedenen komplementären Methoden in diesem Buch viele gedankliche Öffnungen, viele Anregungen, reichliche Literaturhinweise, aber auch so manche Herausforderung finden wie nur selten in den Publikationen zu dieser Materie. Doch nochmals: dies ist nicht so sehr ein Buch für die Praxis, sondern ein optimales Verständnisfundament, und dies aus der Feder eines sehr belesenen und von den Naturheilverfahren überzeugten Physikers

Dr. Jochen Gleditsch

 

Hausarzt, 15. Jahrgang, 4/2004, S.77
Offizielles Organ des Österreichischen Hausärzteverbandes

BÜCHER
Gelesen von Dr. Christian Adensamer

Karl W. Kratky
Komplementäre Medizinsysteme. Vergleich und Integration
Verlag: Ibera European University Press.

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die wissenschaftliche Integration der Komplementärmedizin ist die begriffliche Ordnung nach allgemein - wissenschaftlichen Gesichtspunkten. Gerade die theoretischen Naturwissenschaften Mathematik und Physik haben immer wieder in der Geschichte vorgedacht, was dann in den angewandten Wissenschaften ihren Niederschlag gefunden hat.

So gesehen ist es ein Glück daß sich Professor Dr.Kratky vom Institut für Experimentalphysik der Universität Wien für die Komplementärmedizin interessiert und nach eingehenden Studien in Zusammenarbeit mit Vertretern zahlreicher Methoden eine Einteilung nach wissenschaftlichen Kriterien getroffen hat.

Er unterscheidet nach systemischen, causalen und symbolischen Gesichtspunkten. So findet er viele Gemeinsamkeiten zwischen der traditionellen chinesischen Medizin der Humoralpathologie der Griechen und deren Nachfolger und der Erkenntnisse der Chronobiologie über Kulturgrenzen hinweg.

Weiters belegt er vielfach die gemeinsame Wirkungsweise von niederenergetischer Medizin, Homöopathie und Elektroakupunktur. Hier ist die Wirkung vor allem durch den systemischen Ansatz erklärbar. Über den Regelkreis, den Arzt Patient oder Gerät und Patient miteinander schließen wird Diagnose und Therapie möglich.

Biologische Feedbackmechanismen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Die systemische Betrachtungsweise und die physikalischen Kenntnisse der offenen Systeme untermauern seine Hypothese. Sosehr sich der laienhafte Verstand zunächst gegen diese Theorien wehrt, so spannend ist es, die detaillierte Einführung in seine Betrachtungsweise im Buch nachzuvollziehen. Obwohl auch Mathematik vorkommt, bleibt das Buch gut verständlich und die vertiefenden theoretischen mathematischen Beschreibungen können auch ausgelassen werden.

Zusammenfassung: Die gründliche Befassung des Autors mit vielen komplementären Methoden und seine durch theoretische Überlegungen untermauerten Schlußfolgerungen haben in dem Buch erstmals eine Systematik für die Komplementärmedizin geschaffen, die schon lange von vielen vermißt wurde. In Anbetracht der relativ geringen Zahl qualifizierter wissenschaftlicher Publikationen auf dem Gebiet der Komplementärmedizin ist dieses Buch sicher ein Standardwerk für jeden, der öffentlich kritisch dazu Stellung bezieht. Ebenso ist es eine Bereicherung für jeden Komplementärmediziner, stellt es doch Brücken zwischen wissenschaftlichem Denken und Hypothesenbildung und der Empirie in der Praxis dar. – Vielen Dank Herr Professor Kratky.

 

systhema, 18. Jahrgang, 2/2004, S.242f
Zeitschrift des Instituts für Familientherapie e.V. Weinheim

REZENSIONEN

Karl W. Kratky 2003: Komplementäre Medizinsysteme. Vergleich und Integration.
Wien: Ibera / European University Press, 316 S., € 30

Empirische Untersuchungen belegen, dass der Trend zunimmt, alternative Wege für die Erhaltung oder Wiedergewinnung der Gesundheit einzuschlagen. Allerdings lässt die unübersichtliche Vielzahl der Alternativen selbst redlich Suchende oft verzweifeln. Daher ist es ein großes Verdienst des vorliegenden Werkes, eine Übersicht und integrierende Orientierung zu geben. Die fundierte Ausrichtung des Autors – Kratky ist Physikprofessor an der Uni Wien und seit vielen Jahren Mitglied der „Wiener internationalen Akademie für Ganzheitsmedizin“ – garantiert, dass hier kein oberflächlicher und/oder esoterisch verbrämter Abklatsch der im Einzelnen ja hoch differenzierten und über Jahrhunderte entwickelten Heilsysteme zusammengestellt wurde. Vielmehr findet die LeserIn eine überaus kenntnisreiche Darstellung, die bei aller Kürze der vielfältigen Ansätze von einer tiefen Durchdringung der jeweiligen Hintergründe zeugt. Darüber hinaus bleiben die oft unfruchtbaren Dichotomien: „Abendländische Wissenschaft vs. Weisheitslehren“ bzw. „klassisch-naturwissenschaftliche Schulmedizin vs. erfahrungswissenschaftliche Heilsysteme“ hier erfreulicher weise außen vor. Mit einer durchaus naturwissenschaftlichen Perspektive – aber eben nicht darauf und davon beschränkt – werden wichtige Systeme des Heilens miteinander in Beziehung gesetzt (als Oberbegriffe sind zu nennen: Schulmedizin und Homöopathie aus dem Westen sowie indische, tibetische und chinesische Medizin aus dem Osten).

Inhaltlich ist das Werk in zwei Hauptteile zu je sieben Kaptiteln gegliedert: Im ersten Teil werden die Facetten der Komplementärmedizin dargestellt, wobei bereits das Rüstzeug für eine integrative Sichtweise erarbeitet wird, das wesentlich auf der modernen Systemtheorie (mit Chaos- und Selbstorganisationstheorie als Schwerpunkt) basiert. Im zweiten Teil findet eine Integration zu einem Gesamtbild statt, das ein tieferes Verständnis von Erkrankung und Gesundung liefern soll. Die hierfür von Kratky entwickelte Darstellung in Form eines geometrischen Modells (das dem Werk auch als Tafel mit „Meridianen, Gesundheitsscheibe und Lebensspirale“ beigefügt ist) ist zwar zunächst mit erheblichen Mathematisierungen durchflochten, die vermutlich dem allergrößten Teil der Leser unzugänglich bleiben werden. Gleichwohl – dies ist ja der Vorteil der Anschaulichkeit in der Geometrie – kann mit dem Ergebnis auch dann ohne die Kenntnis der intimen Grundlagen weitergearbeitet werden. Auf diese Weise macht Kratky auf bemerkenswerte Übereinstimmungen zwischen den diversen Heilsystemen aufmerksam, die trotz der ebenfalls bestehenden Unterschiedlichkeit der Blickwinkel und Details dazu genutzt werden könnten, Erkenntnisse divergierender kultureller Herkunft miteinander zu verbinden.

Insgesamt bietet das Werk sowohl einen ausgezeichneten Überblick über eine Vielzahl von Erkenntnissen bedeutender komplementärer Medizinsysteme als auch einen herausfordernden Ansatz, deren Gemeinsamkeiten stärker in den Fokus zu rücken und diese damit vielleicht noch besser untersuchbar und nutzbar machen zu können. Wer sich fundiert informieren möchte, dem sei dieses Buch ausdrücklich empfohlen.

Jürgen Kriz (Osnabrück)

 
       

 
Last modification: September 14, 2004