Da
Wahrheit ist da drinnen
Die Polizei-Opfer von Genua sind möglicherweise in etwas Grosses geraten: In Italien zeichnet sich abermals eine Achse von neofaschistischen Politikern über Geheimdienste zur Exekutive ab.
In den letzten Wochen ist Bewegung in die Genua-Thematik gekommen, und die geschilderten Vorkommnisse sind bei weitem nicht die einzigen Hinweise auf beunruhigende Zusammenhänge, die über die bekannten polizeilichen Gewaltexzesse hinausgehen. Auslösendes Moment war die Veröffentlichung der Verhörungsprotokolle der Polizisten, die an der Stürmung der Diaz-Schule beteiligt waren, bei der 93 Personen grundlos festgenommen und 61 von ihnen zum Teil schwer misshandelt und verletzt wurden. Sogar bis in die hiesige Medienlandschaft schaffte es die zentrale, wenn auch wenig überraschende Pointe in diesen Protokollen: Die Gewaltanwendung war auch aus Sicht der Polizisten ungerechtfertigt und exzessiv, der verletzte Kollege fingiert und die angeblich vorgefundenen Molotow-Cocktails von der Polizei selbst mitgebracht. Was an der Sache besonders interessant ist: Der mit-beschuldigte
ranghohe Polizist Franco Gratteri spricht in Zusammenhang mit den polizeilichen
Straftaten davon, dass er über die Motive "einer Komponente
der Polizei", die er für "nicht repräsentativ"
hält, keine Auskunft geben könne, und nicht wenige sehen darin
eine Andeutung auf Verbindungen in höchste Kreise, die sich der Kontrolle
der relativ kleinen nun angezeigten Fische entziehen. Auf Gratteri wächst
nun der Druck, deutlicher zu werden, weil sich andere Offiziere manch
Geschehnis und manche Befehlskette in jener Nacht auf glaubwürdige
Weise selbst nicht erklären können, und keiner von ihnen will
- trotz der eigenen eingestandenen Übergriffe - das Bauernopfer sein. Und so gehen die Ermittlungen "in die andere
Richtung" plötzlich verstärkt weiter, und die Argumente
sind in schlechtester Genua-Tradition haarsträubend: Die GewerkschafterInnen
der Cobas, die auf einem Video zu sehen sind, wie sie versuchen, Vermummte,
die unmittelbar danach eine Bankfiliale zerstörten, vom Cobas-Block
fernzuhalten, werden nun der Zugehörigkeit zu ebendiesen Vermummten
beschuldigt, weil auffällig sei, dass letztere auf ihre Anweisungen
zu hören schienen. Und wieder kommt der für AktivistInnen gefährlichste
juristische Kniff zum Einsatz: Durch eine unterstellte "geistige"
Komplizenschaft sollen harmlose DemonstrantInnen für Zerstörungen
und Plünderungen, die andere begangen haben, mitverantwortlich gemacht
werden. Und wer die begangen hat, ist angesichts der Erkenntnisse rund
um die Diaz-Schule fraglicher denn je. |