Die Elektrische Stadtbahn (1925-1989)

Die Dampfstadtbahn musste am Ende des ersten Weltkriegs 1918 wegen Kohlenmangels eingestellt werden. In den 20er Jahren verpachtete der Staat die Eisenbahnanlagen der Wiental-, Gürtel- und Donaukanallinie für die Dauer von dreißig Jahren an die Stadt Wien, unter der Bedingung, dass diese die Strecken elektrifizieren würde. Vorortelinie und die Linie in den 2. Bezirk blieben davon ausgenommen und wurden weiter von der Staatsbahn (damals BBÖ) betrieben.

Damit war das Ende der Stadtbahn als regionale Vollbahn gekommen, denn im Zuge der Umbauten wurden die Gleisverbindungen zur Eisenbahn in den Bahnhöfen Hütteldorf, Heiligenstadt und Hauptzollamt (Landstraße) entfernt und an den Endstellen Umkehrschleifen errichtet. Als Besonderheit wurde außerdem die Stadtbahnlinie 18G eingeführt, die zum Teil auf der Stadtbahnstrecke, zum Teil im Straßenbahnnetz verkehrte. Insgesamt gab es folgende Linien:

  • Linie WD: Hütteldorf - Wiental - Donaukanal - Heiligenstadt
  • Linie GD: Meidling Hauptstraße - Gürtel - Donaukanal - Wiental - Hietzing
  • Linie DG: Hietzing - Wiental - Donaukanal - Gürtel - Meidling Hauptstraße
  • Linie G: Hütteldorf - Wiental - Gürtel - Heiligenstadt (nur in der HVZ und an Sonntagen)
  • Linie 18G: Ostbahnhof - Straßenbahnstrecke 118 - Gumpendorfer Straße - Stadtbahnstrecke G - Heiligenstadt
Stadtbahnnetzplan 1925

Aus verschiedenen Gründen (u.a. auch wegen des begrenzten Pachtvertrages) beschloss die Stadt Wien, auf der elektrischen Stadtbahn Betriebsmittel einzusetzen, die auch im Straßenbahnnetz verwendet werden konnten. Somit wurde die Stadtbahn erneut Opfer eines Kompromisses, der ihren Verkehrswert einschränkte.

Photo (C) Alfred Luft
N1/n2 nahe Westbahnhof
Photo (C) Peter Macho
Wienflussbrücke

Im zweiten Weltkrieg wurden bei Bombenangriffen die Anlagen der Stadtbahn teilweise schwer zerstört. Der Verkehr auf der Strecke Nußdorfer Straße - Heiligenstadt konnte sogar erst wieder im Jahr 1954 aufgenommen werden. Die Straßenbahn-/Stadtbahnlinie 18G wurde nach dem Krieg nicht wieder in Betrieb genommen, und die Linie G wurde erst ab Meidling Hauptstraße, dafür aber täglich und ganztägig, geführt. Da damit die Stadtbahn zur Gänze vom restlichen Verkehr getrennt war, hätte man sie ab diesem Zeitpunkt mit gutem Recht auch als "U-Bahn" bezeichnen können. Dieser Begriff blieb aber aus politischen Gründen bis zum Gemeinderatsbeschluss über den U-Bahn-Bau im Jahr 1966 verpönt.

Stadtbahnnetzplan 1954

In den 60er Jahren gab es Versuche der ÖBB, die Stadtbahnstrecken, die inzwischen ins Eigentum der Stadt Wien übergegangen waren, wieder zurückzuerhalten und wieder als Vollbahn für Schnellbahn- und Güterverkehr zu nutzen; diese blieben jedoch erfolglos.

Mit dem Beschluss über den U-Bahn-Bau war das Ende des Begriffes "Stadtbahn" gekommen, denn die Pläne sahen vor, dass die Linie WD zur Linie U4 umgebaut und die Linie G abgetragen und durch eine Autobahn ersetzt werden sollte — die Linie U6 wäre stadtauswärts in einer Parallelstraße als Tunnelstrecke neu gebaut worden.

Die Linie WD wurde in der Tat zwischen 1976 und 1981 schrittweise umgebaut, die Stadtautobahnpläne kamen aber glücklicherweise nicht zur Ausführung (nur die Brigittenauer Brücke wurde gebaut), und daher blieben die Viadukte der Stadtbahnlinie G erhalten. Die Strecke wurde 1989 nach Süden verlängert und in U6 umbenannt, allerdings war die Linie nicht zu einer Voll-U-Bahn umgebaut, sondern lediglich modernisiert worden — ein Umbau wie auf der Linie U4 war aus Kostengründen nicht zu Stande gekommen.

Letzte Aktualisierung: von