Thema 1: Einleitung
Thema 2a: Griech. Antike
Thema 2b: China
Thema 2c: Frühe Neuzeit
Thema 3a: Aufklärung

Thema 3b: Kantzeit
Thema 3c: Hegel und Marx

Thema 4: entfällt in diesem Semester
Thema 5: Postkol
oniale, feministische und interkulturelle Perspektiven
Thema 6: Globale Philosophiegeschichte

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Geschichte der Philosophiehistorie

(Vorlesungen von Franz M. Wimmer, Wien)

Postkoloniale, feministische und interkulturelle Ansätze (Version 2014 – in Bearbeitung)

Prüfungsrelevant:


Eine Familie macht sich bemerkbar im Feld der Theorien in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Sie ist – zumindest von außen – an Ähnlichkeiten erkennbar, Familienähnlichkeiten, wie Wittgenstein solche benannt hat.
Das sind vor allem Folgende:

1. Die Mitglieder dieser Theoriefamilie sprechen jeweils ein besonderes Publikum an, das durch ein besonderes Interesse charakterisierbar ist – es will sich selbst verstehen und sich selbst beschreiben.
2. Sie sprechen weitgehend eine eigene Theoriesprache, wobei ihre Gemeinsamkeit darin liegt, dass sie von den traditionellen Begriffssprachen wenig Gebrauch machen und nicht scholastisch sein wollen.
3. Sie sprechen vorwiegend über Themen, die unter ihnen ähnlich sind und die sie für wichtig halten, aber das sind nicht die klassischen Themen der jeweiligen Theoriegemeinschaft, in der sie sich bewegen (als PhilosophInnen, SozialwissenschafterInnen, KulturtheoretikerInnen).
4. Sie wenden sich gegen frühere Theorien oder Auffassungen zu ihren Themen vor allem mit der Forderung nach Selbst- oder Eigenbeschreibung.
5. Sie lehnen ein Interpretationsmonopol ab, das sich auf den absoluten Superioritätsanspruch eines Teils der Menschheit bezieht.
6. Sie suchen individuelle oder kollektive Identitäten zu befördern oder zu begründen.

Zu dieser Theoriefamilie gehören einige, die in ihrem Namen ein "post" tragen: "Postkolonialismus", "Postmoderne". Andere Mitglieder derselben Familie haben sich entschieden, andere Namen zu tragen, sie nennen sich "Feministische (und nicht etwa "postmaskuline") Philosophie" oder "Interkulturelle (und nicht vielleicht "postokzidentale") Philosophie".

Es gibt auch Theoriegruppen, die das "post-" im Namen tragen ("Poststrukturalismus", "postanalytische Philosophie"), die aber nach den genannten Merkmalen nicht zu dieser Gruppe gehören.

Im Zusammenhang dieser Vorlesung werden lediglich Hinweise bezüglich der Ansätze von postkolonialer, feministischer und interkultureller Philosophie in Bezug auf die Sicht der Philosophiegeschichte gegeben.

Postkoloniale Philosophie

Nähere Ausführungen dazu sind in der Vorlesung "Philosophie im 20. Jahrhundert" (2006) nachzulesen.

Ich möchte das Thema mit dem Schwerpunkt "Philosophie in Afrika" diskutieren:
Ressourcen zur Philosophie in Afrika im Allgemeinen bieten die Seiten von
- Bruce Janz: African Philosophy Resources - allerdings funktioniert die Suchfunktion derzeit nicht und Sie müssen auf einen der internen Links (linke Spalte) klicken. Auch ist die Seite seit Längerem nicht gewartet.
- Peter J. King: African Philosophy
Hier nur einige Literaturhinweise mit Schwerpunkt Philosophie(historie) zu Afrika:

Emmanuel Chukwudi Eze (Hg.) Postcolonial African Philosophy. A Critical Reader. Oxford: Blackwell, 1997. (Rezension: Kresse, Kai in polylog 02, 1998).

Monika Fludernik: "Hybridität: Theorie und Praxis."  In: polylog. Zeitschrift für interkulturelles Philosophieren, Nr. 8 (2001) S. 7-24. 

Sandra Harding: Is Science Multicultural? Postcolonialisms, Feminisms, and Epistemologies. Bloomington, Indiana: Indiana Univ. Pr., 1998. (Rezension: Chini, Tina Claudia in polylog 04, 1999).

Paulin J. Hountondji: Afrikanische Philosophie. Mythos und Realität. Übersetzt von Franz Martin Wimmer und Christian Neugebauer. Berlin: Dietz, 1993.

Michiel van Ingen: "Review: Patrick Chabal: The End of Conceit. Western Rationality after Postcolonialism." In: Journal of Contemporary European Studies 21, Nr. 3 (2013): 456-58.

Tshitambala Mulang Irung: "Pourquoi cette fidelité excessive de la philosophie négro-africaine contemporaine à la philosophie occidentale?" In Postkoloniales Philosophieren: Afrika, Hg.: Herta Nagl-Docekal und Franz Martin Wimmer, S.  125-39. Wien: Oldenbourg, 1992.

Jups Kluyskens: "Between Postcoloniality and Postcolonialism. Hybridity as a New Identity?". In Philosophy and Democracy in Intercultural Perspective. Philosophie et démocratie en perspective interculturelle, Hg.: Heinz Kimmerle und Franz Martin Wimmer, S. 69-84. Amsterdam: Rodopi, 1997.

Kai Kresse: "»Polylog« und Anthropologie der Philosophie im postkolonialen Kontext: Eurozentrismuskritik und interkulturelle Erweiterung." In Perspektiven interkulturellen Philosophierens. Beiträge zur Geschichte und Methodik von Polylogen, Hg.: Franz Gmainer-Pranzl und Anke Graneß,  S. 173-93. Wien: facultas.wuv, 2012.

Yomb May: "Der Postkolonialismus und die Aporien der Moderne." In Interkulturelle Philosophie, Hg.: Wolfdietrich Schmied-Kowarczik und Heinz Paetzold,  S. 74-87. Weimar: Verlag der Bauhaus Universität, 2007.

Herta Nagl-Docekal und Franz Martin Wimmer (Hg.): Postkoloniales Philosophieren: Afrika. Wien: Oldenbourg, 1992.

María do Mar Castro Varela und Nikita Dhawan: Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung. 2. Aufl. Bielefeld: Transcript Verlag, 2009. (Rezension 1. Aufl.: Schelkshorn, Hans in polylog 17, 2007).

Kwasi Wiredu: "Toward Decolonizing African Philosophy and Religion." In: African Studies Quarterly. The Online Journal for African Studies 1, Nr. 4 (1998).


Feministische Philosophie

Nähere Ausführungen dazu sind in der Vorlesung "Philosophie im 20. Jahrhundert" (2006) nachzulesen.

Hier nur einige Hinweise zur Geschichte und Historie von Philosophinnen:

Jean-Jacques Barthelemy: Reise des jungen Anacharsis durch Griechenland vierhundert Jahre vor der gewöhnlichen Zeitrechnung. Bd. 3. Wien: Franz Haas, 1802.
Philosophinnen:
122: Ein Schrank zog meine Aufmerksamkeit an sich. Er enthielt eine Reihe philosophischer Bücher, die sämmtlich von Frauenzimmern verfaßt waren, unter welchen die meisten Pythagoras' Lehren anhingen. Hier fand ich Periktionens Schrift über die Weisheit, ein Werk voll heller Metaphysik. Euklides sagte mir, daß Aristoteles es sehr schätze, und einige Ideen über die Beschaffenheit des Wesens und seiner zufälligen Eigenschaften daraus borgen wolle.

Sabine Bauer: Das Siegel der Sophia. Zum Begriff der weiblichen Weisheit im Altertum und Mittelalter oder das andere Mittelalter. Dissertation. Wien: Universität Wien, 1998.

Halina Bendkowski und Brigitte Weisshaupt (Hg.): Was Philosophinnen denken. Eine Dokumentation. Zürich: Ammann, 1983.

Giovanni Boccaccio: De mulieribus claris / Famous Women. Übersetzt von Virginia Brown, Harvard Univ. Pr. 2001. (Original: 1374) Vorschau im Internet

Michael A.B. Deakin: The Primary Sources for the Life and Work of Hypatia of Alexandria. Internet: http://www.polyamory.org/~howard/Hypatia/primary-sources.html, 2000-05-31.

Esther Ehrman: Madame du Châtelet: Scientist, Philosopher and Feminist of the Enlightenment. London: Berg Publ., 1986.

Viktoria Frysak: "Denken und Werk der Olympe de Gouges (1748-1793)." Dissertation, Wien: Universität Wien, 2010. Homepage dazu

Elisabeth Gössmann (Hg.) Das Wohlgelahrte Frauenzimmer. (Archiv für philosophie- und theologiegeschichtliche Frauenforschung. Bd. 1). München: iudicium, 1984. Übersicht der Reihe (8 Bände) in google-books

Christoph August Heumann: Acta philosophorum, das ist gründliche Nachrichten aus der historia philosophica. Erstes bis sechstes Stück. Halle: Rengerische Buchhandlung, 1715-16.
1. Stück (1715): Theano als erste Philosophiehistorikerin
ad VII. Joannes Jonsius De Scriptoribus Historiae Philosophicae. p. 159
((Wer hat die erste Philosophiegeschichte geschrieben? Zweideutig bei Diogenes, abweichend Suidas und Jonsius, die beide irren. Heumanns Antwort:))
178: Nehmlich es hat ein Frauenzimmer die Bahn gebrochen/ Nahmens Theano welche entweder Pythagorae Frau, oder Tochter oder Schülerin gewesen. Denn alle dreye haben diesen Nahmen geführet. Eine nun von denselben hat ein Buch geschrieben de Pythagora. Und dieses gereichet also dem gelehrten Frauenzimmer zu unsterblicher Ehre. Doch wo Manns-Personen sind nun billig bekümmert, wer denn nach der Theano unter den Männern zur erst seine Feder mit einer solchen Schrifft berühmt gemachet habe. Da ist nun wohl der erste gewesen Andron, von Ephesus bürtig, der in der 104. Olymp. gelebet, und unter dem Titel
179: Tripus die Historie der sieben Weisen in Griechenland beschrieben hat. Weil aber dieser kein Philosophus gewesen, und, was man von des Speusippi Buche de vitis Philosophorum vorgiebt, noch ziemlich ungewiß ist; so kömmet diese Ehre an den Aristotelem, welcher unter den Philosophis zu erst verschiedene ad Historiam Philosophicam gehörige Bücher geschrieben hat.

Christoph August Heumann: "Acta Philosopharum, das ist, Nachricht von der Philosophie des Frauenzimmers." In ders.: Acta philosophorum, das ist gründliche Nachrichten aus der historia philosophica. Zwölftes Stück,  S.  825-75. Halle: Rengerische Buchhandlung, 1721.
825f: Wenn diejenigen der Wahrheit gemäß urtheileten, welche dem Frauenzimmer alle Geschicklichkeit zur Philosophie absprechen, so würde gegenwärtige Betrachtung gantz vergebens seyn.  ... Allein wir tragen gar kein Bedencken, zu behaupten, daß auch das Frauenzimmer der gelehrten Weißheit, das ist, der Philosophie fähig sey. Sie sind ja so wohl, als die Männer, Menschen,
das ist, animalia rationalia & docilia, und eben so wohl zum Bilde Gottes, das ist, zur Weißheit und Tugend erschaffen. ...
829f: Jedoch müssen wir dieses aufrichtig gestehen, daß, was das Ingenium philosophicum anlanget, das hochlöbliche Frauenzimmer denen Männern den Vorzug lassen müsse. Es erhellet dieses aus der application des bekannten Spruches: Effectus testatur de causa. Denn da eine ziemliche Menge Weibes-Personen die Philosophie studiret, ja gar profitiret hat, so finden wir doch keine Schrifften von ihnen, die denen Büchern der grossen Philosophorum, z.E. Gassendi, Pufendorfii, Lockii, könten gleich geschätzet werden. Es sind gar viele Bücher vorhanden von dem hoch- und wohlgelahrten Frauenzimmer und deren Schrifften.
831: Inmittelst behält doch dieses seine Richtigkeit, daß das Frauenzimmer die Philosophie nicht verachten, sondern dieselbe nach ihrem Masse studiren solle.
832f: Es hat zwar schon Menagius eine Historiam mulierum philosopharum herausgegeben. Allein dieser Gelehrte und um die Historiam philosophicam hochverdiente Franzose aht nur aus der alten Welt die Philosophinnen zusammen gesuchet. Ich aber will allhier aus den neuern Zeiten (jedoch die mittlern, oder das so genannte medium aevum, nicht ausgeschlossen) die Exempel gelehrter, und zwar in der Philosophie gelehrter (denn das in andern Stücken der Gelehrsamkeit geübte Frauenzimmer gehe ich mit Stillschweigen gäntzlich vorbey) Weibes-Personen vorstellen, und von ihnen soviel Nachricht mittheilen, als ich habe finden können. …

Cornelia Klinger: "Das Bild der Frau in der patriarchalen Philosophiegeschichte. Eine Auswahlbibliographie." In Feministische Philosophie, Hg.: Herta Nagl-Docekal: Wiener Reihe, S.  244-76. Wien: Oldenbourg, 1990.

Gilles Ménage  (=Menagius): The History of Women Philosophers (Historia mulierum philosopharum, zuerst Lugduni Batavorum 1690). Univ. Press of America, 1984.
Übersetzt aus dem Lateinischen von B.H. Zedler. Sie nennt als Auswahlkriterien des Menagius: 1) Is this woman called a philosopher or a wise or learned person by some ancient writer? 2) Is this woman a relative or a friend or disciple of some recognized philosopher? 3) Has this woman done any work or engaged in any activity that could in any way be relatied to philosophy? If an affirmative answer could be given to one or more of the questions, the woman was a good candidate for Ménage's list. (p. XVII)

Ursula I. Meyer und Heidemarie Bennent-Vahle (Hg.): Philosophinnen-Lexikon. Leipzig: Reclam, 1997.

John Stuart Mill, Harriet Taylor Mill und Helen Taylor: "Die Hörigkeit der Frau und andere Schriften zur Frauenemanzipation." Hg.: Hannelore Schröder, S. Frankfurt/M.: Syndikat, 1976.

Herta Nagl-Docekal: "Zwischen Institutionalisierung und Ausgrenzung: Feministische Philosophie an der Universität Wien." In: Die Philosophin. Forum für feministische Theorie und Philosophie 1, Nr. 1 (1990): 7-17.

Herta Nagl-Docekal: "Feminist Philosophy in German: A Historical Perspective." In: Hypatia. A Journal of Feminist Philosophy 20, Nr. 2 (2005): 1-6.

Andreas Patzer: Der Sophist Hippias als Philosophiehistoriker. Freiburg i.Br.: Alber, 1986.
104: Es steht außer Frage, daß Hippias über berühmte Frauen aus Mythos und Geschichte eine Fülle von Beispielen und Zitaten beibringen konnte. 

Marit Rullmann und Werner Schlegel (Hg.): Frauen denken anders. Philo-Sophia 1X1. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 2000.

Elfriede Walesca Tielsch: "Die Philosophin. Geschichte und Ungeschichte ihres Berufsstandes seit der Antike." In Was Philosophinnen denken. Eine Dokumentation., Hg.: Halina Bendkowski und Brigitte Weisshaupt, S.  309-28. Zürich: Ammann, 1983.

Barbara G. Walker: Das geheime Wissen der Frauen. 4. Aufl. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1997. (Erstdruck: 1983 englisch. 1. dt. Aufl. 1995)

Franz Martin Wimmer: "Sexismus ohne Sexisten. Die acta philosopharum als Beispiel." In Semiotik der Geschlechter, Hg.: Jeff Bernard, S.  275-80. Stuttgart: Heinz, 1989.

Arnulf Zitelmann: Hypatia. Weinheim und Basel: Beltz & Gelberg, 1988.


Interkulturelle Philosophie

Nähere Ausführungen dazu sind in der Vorlesung "Philosophie im 20. Jahrhundert" (2006) bzw. zur Einführung in interkulturelle Philosophie (2012) nachzulesen.

Beispiele zur Philosophiehistorie in interkultureller Perspektive werden in der Vorlesung zu Thema 6 vorgestellt.


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Letzte Bearbeitung: WS 2014/15