Franz M. Wimmer:

Die Peripherie anders denken. Thesen zur Philosophie der Abhängigen


in: R. Bauböck u.a., Hg.: ... und raus bist du!
Wien: Verlag für Gesellschaftskritik, 1988, S. 142-156

Aus dem Text:

Was uns zu tun bleibt, in der Philosophie wie in anderen Humanwissenschaften, ist die Exotisierung der Mehrheiten. In viel zu vielen Verhältnissen und Fällen ist die Minderheit immer noch das barbarische oder heidnische Andere der Mehrheit.


Konkret wird das heißen, daß in Fragen der Ungleichbehandlung von Minderheiten durch die Mehrheit eine latente Kompetenzvermutung zugunsten der Minderheit anzunehmen ist; daß wir, wo es geht, bewußt die Rezeption geistiger Leistungen der Minderheit fördern und betreiben sollten; daß wir daran gehen sollten, der Mehrheit in unserem Land bewußt zu machen, daß es eine Mehrheitsfrage gibt, Zumutungen des Aufgebens von eigener Identität, die von der deutschsprachigen Mehrheit an die nicht deutschsprachigen Minderheiten gestellt werden und die tatsächlich Zumutungen sind. Die Sensibilität, mit der viele Österreicher auf (z.B. westdeutsche) Einflüsse in unserem Sprachschatz reagieren, müßte doch immerhin darauf hindeuten, daß auch ihnen das Problem nicht ganz fremd ist - oder doch nur dann unverständlich, wenn es sie nicht selbst betrifft.

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