Universität Wien

Wimmer: Vorlesung WS 2006-07
180386
Philosophie im 20. Jahrhundert

1. Vorlesung 10. Oktober 2006: Einleitung in das Thema - Abgrenzung des Zeitraums und Fragen der Auswahl und Interpretation


Überlegungen zu
 
Zeitraum und Gliederung | Auswahlkriterien und Interpretationsfragen | Wertung und Terminologie


Die erste Frage ist: Wann fängt das 20. Jahrhundert an, wann hört es auf? Diese Frage zu beantworten heißt, dass schon ein bestimmtes Verständnis dieser Epoche gegeben ist.
Der Kalender allein gibt keine Antwort. Es wäre nichtssagend, die Epoche einfach von 1900 bis 2000 zu datieren, es sei denn, diese beiden Daten würden den Zeitraum in sinnvoller Weise von demjenigen davor und jenem danach abgrenzen, was aber nicht der Fall ist. Weder in der politischen Geschichte, noch in der Geschichte von Technik, Wissenschaft oder auch der Philosophie stellt das Jahr 1900 irgendwo in der Welt einen Wendepunkt dar, dem ein ähnlicher Wendepunkt im Jahr 2000 entsprechen würde. Zwar war das Bewusstsein um 1900 durchaus präsent, an einem "Jahrhundertende", in einem fin de siècle zu leben, aber
Wir müssen also eine sinnvollere Abgrenzung als die kalendermäßige für dasjenige finden, was in unserem Zusammenhang das "20. Jahrhundert" genannt werden soll. Und da es sich bei dieser Vorlesung um die "Philosophie" dieses "Jahrhunderts" handeln wird, sollte eben die Abgrenzung von anderen "Jahrhunderten" auch mit Bezug auf die Philosophie Sinn machen.

Überlegen wir zunächst einmal, mit welchen anderen Lebensbereichen oder Ereignissen diese Epoche abgegrenzt werden könnte. Wir könnten zuerst an einschneidende historische Ereignisse denken und hätten dann - mit einigen Historikern dieser Epoche -
1) Ein "kurzes 20. Jahrhundert"
Wenn wir an Ereignisse im internationalen politischen Bereich denken, die nachhaltig und unwiderruflich frühere Zustände beenden, so zieht sich das 19. noch eineinhalb oder beinahe zwei Jahrzehnte in das 20. Jahrhundert. "Die Welt der Sicherheit" (Stefan Zweig: Die Welt von Gestern. Wien 1948, Kap. 1) geht mit dem (ersten) Weltkrieg zu Ende. Diese "Sicherheit" sah Zweig im Glauben "an den ununterbrochenen, unaufhaltsamen 'Fortschritt'", der "für jenes Zeitalter wahrhaftig die Kraft einer Religion" hatte (Zweig 1948, 19). Es gab natürlich Zweifler, wie in jeder Religion, und so beschrieb der Anarchist Georges Sorel 1908 "Les illusions du progrès". Beides, der Fortschrittsglaube und der Anarchismus dieses späten 19. Jahrhunderts, sind uns nur mehr schwer nachvollziehbar.
Der Erste Weltkrieg, die Auseinandersetzung zwischen den konkurrierenden Imperien der industrialisierten Welt, beginnt erst 1914, er beendet die zuvor liegende Periode allerdings nachhaltig. Im dritten Kriegsjahr macht in einem der beteiligten dynastischen Imperien, in Russland (Zarendynastie der Romanov), ein Aufstand der Arbeiter dem feudalen System ein Ende, indem auch noch dessen konstitutionelle Variante, die seit einem halben Jahr konzediert war, die Regierung Kerenskijs, im Oktober einer Räterepublik unter Führung von Lenin weichen musste. Im Spätherbst 1918 waren die dynastischen Imperien des Deutschen Reiches (Kaisertum der Hohenzollern seit dem Deutsch-Französischen Krieg, also seit ca. 50 Jahren) wie auch Österreich-Ungarns (Kaisertum der Habsburger seit 1804, in der bestehenden Form als k.u.k. Monarchie, seit dem "Ausgleich" mit Ungarn, also seit ca 55 Jahren) Vergangenheit. Die vierte dynastische Großmacht, das Osmanische Reich (begründet fast zeitgleich mit dem ersten habsburgischen deutschen Kaiser im 13. Jahrhundert) bestand formell noch einige weitere Jahre, war im Unterschied zu den anderen seit langem territorial reduziert und nun gegenüber einer Aufteilung durch die Siegermächte (Italien, Frankreich, England, Griechenland) hilflos.
Das ist europäische Geschichte, aber es ist nicht nur europäische Geschichte. Mit dem Ende des deutschen und des osmanischen Reichs werden die Grenzen der Kolonialreiche und der sogenannten Einflusssphären verschoben, in Asien wie in Afrika, in Lateinamerika wie im pazifischen Raum. England und Frankreich dominieren stärker als zuvor in der gesamten Alten Welt, Japan als eine der Siegermächte des Krieges dehnt seine Territorien in dessen Folge aus, die neue Sowjetunion hat Gebietsverluste hinzunehmen, aber sie realisiert eine ganz neue Auffassung von Gesellschaft und Staat. So ist staatspolitisch das "19. Jahrhundert" spät zu Ende gegangen.

Aber was hat da mit dem Ersten Weltkrieg und dessen Ende begonnen?
In weiteren Regionen der Welt als bisher setzt sich die Ideologie des Nationalstaats durch – in den Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns ebenso wie in der neuen türkischen Republik, die einen weltweit damals stark beachteten und auch erfolgreichen Kampf um Selbstbestimmung und Modernisierung führt. Im britischen Indien war 1914 der "Nationalkongress" gegründet worden, in dem sehr unterschiedliche Strömungen vertreten waren – von Theosophen und Hindu-Reformern bis zu Marxisten – die jedoch alle auf eine Unabhängigkeit Indiens abzielten. Japan hatte sich nach den Reformjahrzehnten der Meiji-Zeit, nach siegreichen Kriegen gegen China (1895), Russland (1905) und als Mitglied der Entente im Ersten Weltkrieg als militärische Großmacht in Ostasien etabliert und entwickelte expansionistische Ideen. Im islamischen Raum entstanden eine Reihe neuer Staaten (wie z.B. der Irak, Syrien oder Saudi-Arabien), andere Länder führten weitreichende Reformen durch (der Iran unter dem neuen Schah, aber auch Afghanistan), die auf eine wirtschaftliche und außenpolitische Selbständigkeit abzielten. Vergleichbare Prozesse sind auch in anderen Regionen (etwa in Lateinamerika) zu beobachten.

In der Folge sind es ideologische Auseinandersetzungen zwischen faschistischen, liberalen und sozialistisch-marxistischen Welt- und Gesellschaftsauffassungen, die diese Epoche kennzeichnen. Nach militärischen und politischen Niederlagen faschistischer Regime beherrschte für lange Zeit die Konfrontation zwischen "West" und "Ost" viele Lebensbereiche und fand ihren Ausdruck auch in philosophischen Debatten. Diese Phase ging in den Industriestaaten mit der Auflösung der Sowjetunion zu Ende, wofür der Fall der Berliner Mauer (1961-89) ein markantes Datum liefert.

Wäre es plausibel, dieses "kurze Jahrhundert" auch in der Philosophiegeschichte als "20. Jahrhundert" zu sehen?

2) Ein noch kürzeres Jahrhundert?
In einem zweijährigen Krieg, der um Gebiete und Einflüsse in Ostasien geführt wird, besiegt Japan eine europäische Großmacht, wobei insbesondere der Sieg über die russische Flotte (Seeschlacht bei Tsushima) sehr großen Eindruck in Asien macht, nachdem etwa fünf Jahrhunderte lang die europäische Vorherrschaft in Asien auf maritime Ressourcen gegründet gewesen war. Spätestens nach diesem Krieg ist Japan das erste nichteuropäische Kolonialreich der Neuzeit: Korea wird für 50 Jahre japanische Kolonie, nachdem Taiwan schon zehn Jahre früher von China an Japan abgetreten worden war; in weiteren Kriegen dehnt Japan seine Territorialmacht vorübergehend großräumig aus, wird auf Grund seiner militärischen Niederlage (1945) wieder reduziert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg zerfallen nach und nach die alten politischen Kolonialreiche endgültig (1948 entstehen Indien und Pakistan, um 1960 entstehen neue Staaten in Afrika usw.). An ihre Stelle treten Nationalstaaten, teilweise auch überstaatliche Gebilde (OAU, arabische Liga etc.) und die UNO, die in ihrer Zusammensetzung zumindest theoretisch eine weltweite Organisation souveräner Staaten darstellt.

Taugt diese Abgrenzung für unser Thema?
Die letzte Phase des politischen Kolonialismus ist sicher wichtig für die Entstehung der heutigen Welt, aber der damit angesprochene Zeitraum ist zu kurz und die geistigen Auseinandersetzungen damit sind nicht zentral in der Philosophie oder erlangen darin erst später Bedeutung.
Dennoch hätte die Philosophie insgesamt gute Gründe, den Aspekt der Entkolonisierung ernsthaft zu reflektieren, denn er hängt mit ihrem historischen Selbstverständnis zusammen: Über lange Zeit wurde die Geschichte des menschlichen Denkens so dargestellt, als hätte die Vernunft eine Hautfarbe (weiß), ein Geschlecht (männlich) und eine gleichsam natürliche Religion (christlich) - und das damit zusammenhängende Superioritäts- oder Exklusivitätsbewusstsein der okzidentalen Welt konnte unter anderem auch den politischen Kolonialismus begründen.

3) Ein langes Jahrhundert?
Nehmen wir Kommunikationstechniken der Menschheit als Kriterium für die Abgrenzung des 20. Jahrhunderts, so scheint es am plausibelsten, dessen Beginn bereits 1883 anzusetzen mit dem ersten Ereignis, das innerhalb kürzester Zeit rund um den Globus – natürlich nur in den damals hochtechnisierten Zentren – bekannt wurde.
Dies ist der Ausbruch des Vulkans Krakatau in der Sundastraße zwischen Sumatra und Java. Das Ereignis war binnen Stunden in New York bekannt, denn es gab damals seit kurzem funktionierende Verbindungen über Seekabel. Was der holländische Beamte in Java telegrafierte, wusste man sehr schnell in den Zentren der nördlichen Hemisphäre – es war der Beginn dessen, was viel später das "globale Dorf" genannt wurde.
Taugt diese Abgrenzung für das Thema? Inhaltlich-philosophisch? Kommunikationsmedien sind für die Entwicklung jeder Wissenschaft und auch der Philosophie sehr wichtig. Aber die Medien der Philosophie waren bis zum Internet doch ausschließlich Bücher, Zeitschriften und Kongresse. Globale Kommunikation in diesem Bereich hat nicht mit der Telegrafie und auch nicht mit anderen Techniken dieser Zeit (Telefon etc.) eingesetzt.

Fragen wir nach einer inhaltlich-philosophischen Abgrenzung der Periode, so liegt nahe,

4) Ein noch längeres, vorgezogenes Jahrhundert
anzusetzen:
In den 1870er bis 1890er Jahren sind philosophische Werke erschienen, die auf das 20. Jahrhundert wesentlich gewirkt haben:
Franz Brentano veröffentlicht 1874 die "Psychologie vom empirischen Standpunkte" (und 1889 "Vom Ursprung sittlicher Erkenntnis"),
Gottlob Freges "Begriffsschrift, eine der arithmetischen nachgebildete Formelsprache des reinen Denkens" erscheint 1879 (und 1892 "Über Sinn und Bedeutung"),
1882 erscheint von Friedrich Nietzsche sowohl "Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister", als auch der "Zarathustra";
Wilhelm Dilthey veröffentlicht 1883 seine "Einleitung in die Geisteswissenschaften";
von Karl Marx erscheint 1885 (postum, von Engels herausgegeben) der zweite und 1894 der dritte Band des "Kapital".
Im Jahr 1900 erscheinen unter anderem:
Sigmund Freud: Die Traumdeutung
Pjotr Kropotkin: Memoiren eines Revolutionärs (russ. 1899)
Ernst Mach: Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychischen (2. Auflage, EA 1886)
Georg Simmel: Philosophie des Geldes und
Wilhelm Wundts erster Band von: Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythus und Sitte
Mit diesen Titeln sind schon gewisse Themen angesprochen, die das philosophische Denken der Zeit bis in den Ersten Weltkrieg bestimmen werden: Die Psyche wird auf neue Weise und intensiv erforscht wie auch die Möglichkeiten und Grenzen des Erkennens. Wirtschaft und Gesellschaft werfen Fragen auf und die Besonderheiten menschlicher Existenz in den unterschiedlichen Kulturen werden verstärkt als Problem wahrgenommen. Diese Themen verstärken sich in der Folge.

Um einen Überblick zu gewinnen, ist es sinnvoll oder sogar notwendig, eine gewisse Gliederung vorzunehmen.
Mein Vorschlag zur Gliederung dieses Jahrhunderts richtet sich nach jeweils vorherrschenden neuen Fragestellungen, Themen oder Methoden und sieht so aus:
1) Bis 1914: Idealismus, Lebensphilosophie, Psychologismus, Wissenschaftstheorie
2) Ab 1914: Phänomenologie, Marxismus, Pragmatismus
3) Ab 1929: Analytische Philosophie, Ideologie und Ideologiekritik, Existenzphilosophie, Historismus
4) Ab 1960: Strukturalismus, Feminismus, Hermeneutik, Neomarxismus, Postmoderne, Postkolonialismus, Interkulturelle Philosophie
Die genannten Jahreszahlen haben eine gewisse Willkür, aber auch Plausibilität. 1914 bezeichnet ein politisches Datum, nämlich den Beginn des Krieges, mit dem die bürgerliche Weltordnung des 19. Jahrhunderts zu Ende gehen wird, was auch in den philosophischen Diskursen eine Rolle spielt.
1929 und 1960 wähle ich aus anderen Gründen - in diesen Jahren erscheinen Werke, die das Einsetzen oder die Vertiefung neuer Diskurse deutlich markieren:
1929 z.B.:
Karl Mannheim: Ideologie und Utopie (Wissenssoziologie, Ideologiekritik)
Otto Neurath mit Hahn und Carnap: Wissenschaftliche Weltauffassung (Wiener Kreis, Analytische Philosophie)
1960 z.B.:
Hans-Georg Gadamer: Wahrheit und Methode (Hermeneutik)
Leszek Kolakowski: Der Mensch ohne Alternative (Neomarxismus)
Nakamura Hajime: Ways of Thinking of Eastern Peoples (Nichteuropäische Philosophie)



Probleme der Auswahl und Orientierung
Auch meine Auswahl wird individuell-subjektiv sein.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand:
Also:
Jede/r ist für ihre/seine Liste verantwortlich, es gibt keine allgemeine Sicherheit, das gilt auch für meinen Bericht hier. Aber ich halte es für sinnvoll und schlage Ihnen vor, an einer solchen Liste zu arbeiten und sich dabei jedenfalls immer zu fragen:
Man kann auch, muss sich aber nicht unbedingt fragen:
Probleme der Interpretation
Eine erste Schwierigkeit, wohl deutlicher als in früheren Epochen der Philosophie, stellen die Fachsprachen und -terminologien dar.
Das vergangene ist auch ein Jahrhundert neuer Sprachen in der Philosophie.

Wertung
Notwendigerweise muss die Darstellung des philosophischen Denkens einer Periode unter all dem, was an Quellen vorliegt, auswählen. Sinnvollerweise wird das nach Maßstäben geschehen, deren Anwendbarkeit und deren Begründbarkeit argumentiert werden kann. Darin liegt bereits eine Wertung, denn es wird damit stillschweigend – oder auch explizit – erklärt, was wert ist, erinnert zu werden und was einen solchen Wert nicht hat.
Einige Male haben sich in der philosophischen Szene im vergangenen Jahrhunderte Debatten darüber ereignet, ob bestimmte DenkerInnen oder gar Richtungen überhaupt philosophischen Rang beanspruchen können. Ein gutes Beispiel dafür liefert die Auseinandersetzung um das Ehrendoktorat der Universität Cambridge für Jacques Derrida im Jahr 1992.
Derrida, dessen Stil bereits 1983 von Michel Foucault als "obscurantisme terroriste" (Dietzsch 115) bezeichnet worden war, hatte ein großes Publikum, aber nicht eigentlich in der Fachphilosophie außerhalb Frankreichs, sondern eher in literaturwissenschaftlichen und filmtheoretischen Kreisen. So jedenfalls sah es eine Gruppe von Philosophen um den Herausgeber der renommierten Zeitschrift "Monist", der in der Londoner Times (9.Mai 1992) eine Warnung gegen die geplante Ehrung in Cambridge veröffentlichte. Die Argumente blieben erfolglos, Derrida erhielt dann doch die Ehrenwürde nach einer Abstimmung mit der Mehrheit von 336 zu 204 Stimmen.
Dieses Abstimmungsergebnis sagt leider nichts über das Gewicht der Argumente und Gegenargumente. Was also waren die Bedenken?

Der von Barry Smith, dem Herausgeber von "Monist", verfasste Brief ist unter anderen von Hans Albert (Mannheim), Rudolf Haller (Graz), Wolfgang Röd (Innsbruck), Peter Simons (Salzburg) und Willard van Orman Quine (Harvard) unterzeichnet. Vgl. das Interview mit Barry Smith in Sophia, Bd. 138, Nr. 2, 1999.

Hingegen lesen wir auf der Homepage des
International Center for Writing and Translation, UC-Irvine, wo Derrida lehrte, 2006:

Professor Derrida is Professor of Philosophy and Directeur d’Etudes at the Ecole des Hautes Etudes en Science Sociales in Paris. Since 1986 he also has been a UCI Distinguished Professor of Philosophy, French, and Comparative Literature. He is one of the most prominent philosophers of the 20th century and has influenced debates in philosophy around the world. Deconstruction has to a large extent facilitated the emergence of the linguistic and rhetorical turn in critical theory. Derrida is the author of over 50 books on philosophy, literature, the arts, ethnology, Marxism, psychoanalysis, and critical legal studies.

Das Beispiel zeigt deutlich, wie schwierig eine wertende Aussage in der Zeitgeschichte (Derrida starb 2004) der Philosophie ist, denn
Terminologie der Darstellung
Wie jede andere historische Disziplin kann auch die Philosophiehistorie ihre Beschreibungsbegriffe nicht einfach den Quellen entnehmen und sie wird auch nicht Selbstbenennungen oder Klassifizierungen, die zu früheren Zeiten verwendet worden sind, einfach übernehmen können.
Der Grund dafür ist einfach: im Rückblick erscheinen oft andere Termini angemessen als diejenigen, welche die Zeitgenossen verwendeten. So etwa kann sinnvoll gesagt werden, dass der schwedische König Gustav Adolf während des 30-jährigen Krieges gestorben ist. Er selbst oder seine Zeitgenossen damals konnten das unmöglich sagen, denn er starb 1632 in der Schlacht bei Lützen und die Feldzüge, die später als "30-jähriger Krieg" zusammenfassend benannt wurden, endeten erst 16 Jahre später.
Es ist in der Geschichte der Philosophie nicht anders, was sich aber nicht nur auf solche chronologische Interferenzen bezieht: Die Philosophiehistorie kann ihre Begriffe und Zuordnungen nicht schlechthin den Quellen entnehmen.

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Erstellt: Wintersemester 2006