Interpretation und Messung...
 

...kurz zusammengefasst

Was bedeutet es eigentlich physikalisch, wenn ein Qubit (ein Register) in einem bestimmten Zustand ist? Wir wollen annehmen, dass wir mittels einer geeigneten Mess-Aparatur die Frage stellen können, "ob das Qubit im Zustand |0> oder im Zustand |1> ist". Falls das Qubit durch die Polarisation eines Photons realisiert wird, bedeutet das die Frage, ob horizontale (|0>) oder vertikale (|1>) Polarisation vorliegt.

Ganz allgemein betrachten wir jene Messgröße E, für die immer der Wert 0 gemessen wird, wenn sich das Qubit im Zustand |0> befindet, und immer der Wert 1, wenn sich das Qubit im Zustand |1> befindet. In der Ausdrucksweise der Quantentheorie bedeutet das: |0> ist ein Eigenzustand von E zum Eigenwert 0, und |1> ist ein Eigenzustand von E zum Eigenwert 1.

Wird dieselbe Messung vorgenommen, wenn das betreffende Qubit in einer Superposition vorliegt, so wird entweder der Wert 0 oder der Wert 1 gemessen - kein anderes Messresultat ist möglich. Wird die Messung in einem Register eines 2-Qubit-Systems durchgeführt, so kann das Resultat ebenfalls nur 0 oder 1 sein - wieder ist kein anderes Messresultat möglich. Generell kann ein Messwert auftreten, wenn der entsprechende Basiszustand in der Superposition vorkommt. Hier einige Beispiele für die möglichen Messergebnisse:
 
Zustand Messung im Register 1 Messung im Register 2
|0>|0> 0 0
|1>|0> 1 0
 |1>|0> - |1>|1> 1 0 oder 1
 |0>|0> + |1>|0> 0 oder 1 0
 |0>|0> + |1>|1> 0 oder 1 0 oder 1


Ist nur ein einziges mögliches Messresultat angeführt, so bedeutet das, dass dieses mit Sicherheit eintritt. Wird in beiden Registern gemessen, so sind die Messergebnisse nicht immer voneinander unabhängig. Es können nur solche Kombinationen von Ergebnissen auftreten, für die die entsprechende Kombination von Basiszuständen in der Superposition vorkommt. So kann das Resultat im letzten angegebenen Beispiel (ein sogenannter verschränkter Zustand) 00 oder 11 lauten (nicht aber 01 oder 10).

Die folgende Darstellung vertieft das soeben Gesagte, gibt Wahrscheinlichkeiten für die möglichen Ausgänge einer Messung an und sagt, in welchem Zustand das System nach einer Messung ist. (Für diese Zecke müssen die genauen Normierungsbedingungen, die wir oben nicht so ernst genommen haben, berücksichtigt werden). Sie ist für ein erstes Verständnis der Wirkungsweise eines Quantencomputers nicht unbedingt notwendig.


...im 1-Qubit-System

Wir stellen nochmals die Frage: Was ergibt eine Messung von E, wenn das Qubit in einer Superposition
    a |0> + b |1>    
(für die die Normierungsbedingung |a|2 + |b|2 = 1 erfüllt ist) vorliegt? Die genaue Antwort, die uns die Quantentheorie gibt, lautet: Es wird entweder der Wert 0 oder der Wert 1 gemessen - kein anderes Messresultat ist möglich.
  • Der Wert 0 wird mit der Wahrscheinlichkeit |a|2 gemessen. Nach diesem Ausgang der Messung ist das Qubit im Zustand |0>.
  • Der Wert 1 wird mit der Wahrscheinlichkeit |b|2 gemessen. Nach diesem Ausgang der Messung ist das Qubit im Zustand |1>.
In jedem Fall liegt nach der Messung keine Superposition mehr vor.


...im 2-Qubit-System

Haben wir es mit einem 2-Qubit-System zu tun, so können wir in einem Register (sagen wir, im ersten) dieselbe Messung durchführen wie soeben besprochen. Wieder kann der gemessene Wert der Größe E nur 0 oder 1 betragen. Die Details hängen nun vom Zustand des Gesamtsystems ab. Dieser ist im allgemeinsten Fall eine Superposition
    |y> = a |0>|0> + b |0>|1> + c |1>|0> + d |1>|1>,     
die die Normierungsbedingung |a|2 + |b|2 + |c|2 + |d|2 = 1 erfüllt. Sie besteht also aus maximal vier Summanden. Folgende Fälle können eintreten:
  • Steht im ersten Register jedes Summanden |0>, so wird die Messung mit Sicherheit 0 ergeben. Beispiele für solche Zustände sind |y> = |0>|0>, |y> = |0>|1> und |y> = c ( |0>|0> + |0>|1> ) mit c =  1/Ö2. Nach der Messung ist das System im selben Zustand wie vorher.
  • Steht im ersten Register jedes Summanden |1>, so wird die Messung mit Sicherheit 1 ergeben. Beispiele für solche Zustände sind |y> = |1>|0>, |y> = |1>|0> und |y> = c ( |1>|0> + |1>|1> ) mit c =  1/Ö2. Nach der Messung ist das System im selben Zustand wie vorher.
  • Steht im ersten Register eines Summanden |0> und im ersten Register eines anderen Summanden |1>, so sind beide Messresultate möglich. Ganz allgemein gilt:
    • Der Wert 0 wird mit der Wahrscheinlichkeit |a|2 + |b|2 gemessen. Nach der Messung ist das Gesamtsystem im Zustand |y> = C ( a |0>|0> + b |0>|1> ), wobei C die Normierungskonstante (|a|2 + |b|2)-1/2 ist.
    • Der Wert 1 wird mit der Wahrscheinlichkeit |c|2 + |d|2 gemessen. Nach der Messung ist das Gesamtsystem im Zustand |y> = D ( c |1>|0> + d |1>|1> ), wobei D die Normierungskonstante (|c|2 + |d|2)-1/2 ist.
    Nach der Messung bleiben also nur jene Summanden der ursprünglichen Superposition bestehen, in denen im ersten Register der entsprechende Eigenvektor des erhaltenen Messresultats (|0>, falls 0 gemessen wurde und |1>, falls 1 gemessen wurde) steht. Der Rest wird "weggezwickt" (mathematisch gesehen handelt es sich um eine Projektion), und die in ihm enthaltene Information ist unwiederbringlich verloren.

Nach der Messung im ersten Register kann eine analoge Messung im zweiten Register durchgeführt werden. Für sie gelten dieselben Regeln (mit den entsprechenden Vertauschungen). Nach dieser zweiten Messung wird jegliche Superposition zerstört sein und der Zustand - je nach den beiden Messergebnissen - eines der Produkte |0>|0>, |0>|1>, |1>|0> oder |1>|1> sein.

Die Stärke von Quantencomputern besteht zum Teil darin, dass Qubits mehr Informationen enthalten können als klassische Bits. So stellt beispielsweise ein einziger 2-Qubit-Zustand der Form |y> = |0>|0> + |1>|1> (wir verzichten auf Normierung) die Zahlenpaare 00 und 11 (was der in zwei 2-Bit-Systemen gespeicherten Information entspricht) "gleichzeitig" dar. Allerdings können wir nicht ohne Weiteres an diese "Quanteninformation" herankommen: Beim "Ablesen" (d.h. bei der Messung) werden wir immer nur eines dieser Paare (00 oder 11) als Messwerte herausbekommen. Danach ist das jeweils andere Paar aus der Welt verschwunden.


Nachbemerkung über Verschränkung und Korrelationen:

Man kann sich leicht überlegen, dass die Reihenfolge der Messungen in beiden Registern vertauscht werden darf, ohne etwas an den möglichen Messrestultaten und ihren Wahrscheinlichkeiten zu ändern. Es darf also an eine gleichzeitige Messung in beiden Registern gedacht werden. Handelt es sich um einen Zustand, der sich nicht als Produkt schreiben läßt, also beispielsweise um
    |y> = |0>|0> + |1>|1>     
(wobei wir wieder auf die Normierung verzichtet haben), so spricht man von einem verschränkten Zustand. Wird in beiden Registern gemessen, so sind die möglichen Messresultate 00 und 11. Im Voraus ist es total unbestimmt, welcher diese beiden Fälle eintreten wird. Dennoch sind die Messergebnisse in den beiden Registern nicht voneinander unabhängig - sie sind ja (in diesem Beispiel) immer gleich: beide 0 oder beide 1. Man sagt, dass sie korreliert sind. Die beiden Qubits (Register) können also nicht als voneinander unabhängig betrachtet werden. In gewissem Sinn haben sie keine voneinander unabhängigen Eigenschaften. Es liegt hier physikalisch dieselbe Situation vor wie im Einstein-Podolksy-Rosen-Paradoxon.

Linearität (d.h. die Möglichkeit von Superpositionen) und Verschränkung sind die beiden Hauptgründe für die prinzipielle Möglichkeit von Quantencomputern.