Arbeit und Energie
1.) Kräfte können ohne besonderen Aufwand
sehr groß werden. Wenn Sie mit einem kleinen Hammer auf einen Tisch schlagen,
so üben Sie dadurch während einer kurzen Zeit eine große Kraft aus.
Arbeit hingegen ist eine physikalische Größe,
mit der man umgehen muss wie mit Geld: man kann nicht mehr ausgeben als man hat.
Um etwa ein Kilogrammstück um einen Meter hoch zu heben, ist eine gewisse
Menge an Arbeit nötig. Ist es einmal oben, so ist damit genau dieses Quantum Arbeit
"gespeichert" und kann jederzeit wiedergewonnen werden.
(Dieses Prinzip wird beispielsweise bei Speicherkraftwerken genutzt).
Es gibt aber auch die Möglichkeit, Arbeit auf nicht-mechanische
Art zu speichern. Aus einer elektrischen Batterie kann eine bestimmte Menge an
Arbeit bezogen werden.
Der universelle Name für diese Art physikalischen "Geldes" ist Energie.
Man kann auch sagen: Energie ist die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten.
Energie kann auf verschiedenste Weise gespeichert werden:
In einem um einen Meter gehobenen Kilogrammstück, einem Alpensee,
einer aufgeladenen Batterie, aber auch in einem Körper, der heißer ist
als seine Umgebung, in einem explosiven chemischen Gemisch,
in einer Atmobombe und auf viele andere Arten.
2.) Das Bild von der Energie als Geld
kommt daher, dass die Gesamtenergie eines abgeschlossenen physikalischen Systems
in der Zeit konstant ("erhalten") ist. Energie tritt in verschiedenen Formen auf,
die ineinander umgewandelt werden und durch das Ausmaß an Arbeit, das sie
verkörpern, quantitativ miteinander verglichen werden können.
Indem an einem System Arbeit verrichtet wird, wird ihm Energie zugeführt.
Indem ein System dazu benutzt wird, Arbeit zu verrichten, wird ihm Energie entzogen.
3.) Wir illustrieren die Erhaltung der Energie
anhand eines (auf der Erde) fallenden Körpers. Wir schreiben Galileis
Bewegungsgleichung in der Form
wobei der Vektor der Erdbeschleunigung nach unten zeigt.
Nun ist eine kleine mathematische Umformung nötig:
Wir multiplizieren beide Seiten dieser Gleichung mit der
Geschwindigkeit , wenden die Produktregel an und erhalten
Die Größe
ist daher während des gesamten Bewegungsablaufs konstant.
Sie ist die Gesamtenergie des Körpers. Der erste Term heißt kinetische Energie
und wird im Physikunterricht in der Form
geschrieben, der zweite heißt potentielle Energie und wird im Physikunterricht meist in der Form
geschrieben, wobei für die Höhe steht.
Jede dieser beiden Energien ändert sich im Lauf der Bewegung,
aber ihre Summe ist konstant. Je höher der Körper (noch) ist, umso
langsamer fällt er, und je tiefer er bereits gefallen ist,
umso schneller fällt er. Die Umformung, die zu diesem Resultat geführt hat,
ist typisch für eine große Klasse
von Bewegungsgleichungen. (Versuchen Sie, eine analoge Rechnung für das
Newtonsche Gravitationsgesetz durchzuführen! Wie lautet hier der Ausdruck für
die Gesamtenergie?)
4.) Nun greifen wir von außen in das System ein.
Wird auf den Körper zusätzlich eine Kraft ausgeübt, so ist seine Bewegungsgleichung nun
Das ist eine interessante Gleichung. Die Kraft kann etwa so gewählt werden, dass die rechte Seite
Null ist - eine solche Situation liegt vor, wenn Sie den Körper durch Festhalten
am Fallen hindern oder wenn Sie auf die Waage steigen. (In letzteren Fall übernimmt es die Waage, Sie am Fallen zu hindern).
Nun lassen wir die äußere Kraft beliebig sein (sie kann sich durchaus während des Prozesses ändern)
und führen wieder eine kleine Rechung aus. Multiplikation mit ergibt
Wir multiplizieren mit (wer das nicht mag, ist aufgefordert, dieselbe Sache anders zu formulieren)
und stellen fest:
Wenn ich auf einen Körper (der gleichzeitig der Wirkung anderer Kräfte
unterliegen kann) für kurze Zeit eine Kraft ausübe und er sich während dieses Vorgangs
um den (kleinen) Vektor weiterbewegt, so habe ich dem System eine Energie
zugeführt, d.h. an ihm eine Arbeit
verrichtet.
(Ist das Skalarprodukt auf der rechten Seite negativ, so habe ich dem System
Energie entzogen, d.h. ich habe das System dazu benutzt, Arbeit zu verrichten).
Man kann das auch so sehen: Zwischen den beiden Teilsystemen
- fallender Körper und die Erde
- meine eingreifende Hand
ist Energie ausgetauscht worden.
Die während eines längeren Zeitraums ausgetauschte Energie (am System 1 verrichtete Arbeit)
ist daher durch
gegeben, wobei das (Linien-)Integral als Summe vieler kleiner Beiträge der Form
verstanden werden kann.
Im Physikunterricht wird diese Beziehung zu der Aussage "Arbeit ist gleich Kraft mal Weg"
verkürzt. (In dieser Form gilt sie, wenn die Kraft konstant ist).
Obwohl sie hier für ein System
hergeleitet worden ist, das aus einem einzigen Köper im (homogenen) Schwerefeld der Erde
besteht, gilt sie ganz allgemein - sie kann dazu benutzt werden,
den Begriff der Arbeit formal zu definieren.
5.) Es ist instruktiv, die beiden letzten Formeln
unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, dass es sich bei dem Produkt "Kraft mal Weg"
um ein Skalarprodukt handelt. Ist es Null, so wird keine Arbeit verrichtet.
Weiters ist interessant, dass keine Arbeit verrichtet wird, wenn sich der
Körper nicht bewegt. Um also einen Körper in die Höhe zu stemmen
und dort zu halten, ist, wenn er einmal oben ist, keine weitere Arbeit nötig!
(Man könnte ihn ja genausogut auf ein Regal legen, das dann ebenfall keine Arbeit
aufwenden muss). Subjektiv empfundene Anstrengung ist also nicht dasselbe wie
Arbeit. (Obwohl angemerkt werden kann, dass ein lebender Organismus, um
fähig zu sein, über längere Zeiträume Muskelkraft aufzubringen,
Energie verbraucht. So gesehen ist es eine sinnvolle Einrichtung der Natur,
Kraftaufwendung als energieverzehrend zu empfinden).
6.) Zuletzt sei ein mit Arbeit und Energie verwandter Begriff erwähnt:
Leistung ist die pro Zeiteinheit verrichtete Arbeit. Sie entspricht der "Rate",
mit der man Geld ausgibt.
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