Zahlreiche Museen auf der ganzen Welt beherbergen bedeutende Artefakte islamischer Kunst. Der Louvre, die Eremitage oder das British Museum sind hier nur einige Beispiele, sie haben im Gegensatz zu Wien jeweils eigene Abteilungen, die dieser Kunst gewidmet sind. Auch die Sammlungen der Wiener Museen beherbergen berühmte islamische Objekte, die auf verschiedensten Wegen in die österreichische Hauptstadt gelangten.

Schon im Mittelalter wurden Objekte, die aus den geplünderten Schatzkammern des Kairoer Kalifenpalastes stammten, auf den Bazaren verkauft und gelangten so nach Europa. Andererseits waren der florierende Handel, Pilger und Beute verantwortlich, dass islamische Kunstgegenstände ihren Weg nach Europa fanden.

Im Wiener Dom-, und Diozösanmuseum befinden sich beispielsweise Prunkgefässe aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Sie wurden in Folge der Kreuzzüge ‚erbeutet’ und gelangten in die Sammlung Rudolf IV., des Stifters. 1365 kamen sie in den Besitz des Domschatzes von St. Stephan.

Zum Inventar des Heeresgeschichtlichen Museums gehören nicht nur zahlreiche Waffen, sondern auch osmanische Zelte und Fahnen. Die Objekte sind großteils Teil der so genannten ‚Türkenbeute’ die im Zuge der Türkenbelagerungen Wiens in österreichische Hände fielen. Mitte des 19.Jahrhunderts wurden diese Kriegsrelikte vom ehemaligen Wiener Zeughaus in das Arsenal gebracht. Ein Teil der Gegenstände kam durch die Feldzüge Erzherzog Ferdinands gegen Süleyman I. in österreichischen Besitz. Generell galten Fahnen, wie jene Blutfahne, die 1867 aus der k.u.k. Schatzkammer in das Hofwaffenmuseum gelangte, als Trophäen, die dem Kaiser als Siegeszeichen überbracht wurden. Im Wien Museum befindet sich heute eine türkische Planzeichnung Wiens, die die kaiserlichen Truppen, nach der Einnahme Belgrads 1688 mitbrachten. Doch nicht nur in kriegerischem Zusammenhang vermehrte sich der Wiener Bestand, sondern auch durch zahlreiche diplomatische Geschenke, die von orientalischen Herrschern dem österreichischen Herrscherhaus und dem  Adel gemacht wurden.

Das Museum für Angewandte Kunst beherbergt mit einem Bestand von ca. 500 Objektendie größte Anzahl an islamischer Kunst in Wien. Auch international gilt es als bedeutende Sammlung, nicht zuletzt, weil sich 60 Blätter des Hamzanama in Wien befinden, die weltweit größte Stückzahl.

Die Blätter wurden 1873 auf der Wiener Weltausstellung erworben, ein Beispiel des damalig wachsenden Interesses an orientalischer Kunst. Im 19. Jahrhundert erlangten die so genannten Exotika immer höhere Popularität, gefördert vom öffentlichen Wissensdurst der damaligen Zeit und von den Theorien des Darwinismus oder der Vorstellung des ,edlen Wilden'.

Durch den Kolonialismus war die islamische Kunst nach Europa gelangt und man eröffnete die ersten internationalen Ausstellungen. 1851 zeigte man in London, vornehmlich Objekte der eigenen Kolonie Indien. In Paris waren die Ausstellungen dem osmanischen Nordafrika gewidmet und in der Soviet Union präsentierte man aus jenen Regionen, an denen auch politisches Interesse bestand, wie Zentralasien und Teilen der Türkei. Die Artefakte wurden als primitiv oder Exotika tituliert, was auf die Überlegenheit westlicher Künstler hinweisen sollte. Private und öffentliche Ankäufe konzentrierten sich ebenfalls auf Stücke der noch vorhandenen oder ehemaligen Kolonien. Ziel war es,  die kulturellen Ausdrucksweisen der Völker der Welt zeigen und die eigene Produktion von Kunst und Industrie zu inspirieren. 1874 wurde zu diesem Zweck auch in Wien das kaiserlich-königliche Orientalische Museum gegründet, das erste in Europa. Sein Inventar setzte sich vorwiegend aus diplomatischen Geschenken an die kaiserliche Familie zusammen. Später wurde es in das k.u.k. Handelsmuseum umbenannt. Hier befanden sich auch orientalische Teppiche, die besonders geschätzt wurden. Auf welchem Weg sie nach Österreich kamen, ist nicht ganz geklärt und es ranken sich Legenden und Vermutungen. Orientteppiche tauchen nur selten in Inventaren auf, weil sie zum Hausgebrauch gezählt wurden. Bekannt ist, dass Teppiche für europäische Herrscher und das Großbürgertum ab dem 14. Jahrhundert über Genua und Venedig nach Europa importiert wurden. Ebenfalls unerforscht ist der Orienteppichbesitz der spanischen Habsburger.  Die fünf Mamelukenteppiche , die sich heute im MAK befinden stammen aus habsburgerischem Besitz. Der seidene Mamelukenteppich ist deutlich auf einem Gemälde Johann Zoffanis identifizierbar, auf dem Großherzog Leopoldo von Toskana mit Familie abgebildet ist (KHM). Zur bedeutenden Teppichsammlung des MAK zählen neben den Mamelukenteppichen auch die so genannten ‚Polenteppiche’ und Moghulteppiche.

Wie schon oben erwähnt begünstigte der Handel die Verteilung islamischer Kunst in Europa und brachte so auch schon im 16. Jahrhundert die Stücke der nach Venedig exportierten Iznik Keramik, die heute im MAK zu sehen ist, nach Wien.

Möglicherweise waren auch über den Handelsweg, genauer gesagt über Portugal, auch im 16.Jahrhundert timuridische Jadeobjekte in die Sammlung des Kunsthistorischen Museums gelangt.

Ebenfalls erwähnenswert sind die Handschriften, die sich in der Österreichischen Nationalbibliothek befinden. In der 1. Hälfte des 19.Jahrhunderts gelangte der so genannte Wiener Hariri aus habsburgischem Besitz in die k.u.k. Hofbibliothek. Auf diesem Wege gingen auch die anderen Handschriften in die NB über.

Bei allen Sammlungen islamischer Kunst, in den Wiener Museen oder anderswo, steht man vor der schwierigen Frage der Einordnung oder Kategorisierung islamischer Kunst. Es stellt sich nicht nur die Frage der Wertigkeit der einzelnen Artefakte, deren Auswahlkriterium, sondern auch jene, der besten Präsentation der Objekte.  

Um sich die Komplexität des Themas und des Begriffes ‚islamische Kunst’ zu vergegenwärtigen, muss die Reichhaltigkeit islamischer Kunst und deren ,Entdeckung' durch die westliche Welt herangezogen werden:

Allein der Versuch einer geographischen und zeitlichen Abgrenzung fällt schwer angesichts der Tatsache, dass sich das Einflussgebiet islamischer Kunst vom Atlantischen Ozean bis nach China erstreckt, im Zeitraum vom 7. bis 19 Jahrhundert.

Zahlreiche Völker wurden von den Arabern erobert, gehörten den Kalifaten an und erlangten wieder ihre Unabhängigkeit. Sooft sich jedoch die Grenzen verschoben haben mochten, verbindet alle jene Kulturen, sei es, in den so genannten Kernländern, Ägypten, Syrien, Anatolien, Iran, Zentralasien, am Indischen Subkontinent, oder in Afrika, die Einflussnahme des Islams. Es herrschte über viele Jahrhunderte ein kultureller und politischer Austausch, der die Kunst nachhaltig beeinflusste. All jene Techniken und Verfahren die in Istanbul, dem kulturelles Zentrum des osmanischen Reiches, dem im 16. Jahrhundert die arabischen Länder des mittleren Ostens und Nordafrikas angehörten, vorherrschten, verbreiteten sich über das gesamte Reich und wurden kopiert. Es verschmolzen verschiedenste Traditionen, Motive, Ornamente und Normen diverser Kulturen mit jenen des ‚Islams’ und trugen zur unvorstellbaren Reichhaltigkeit bei, für die die islamische Kunst heute steht.

Die Theorie von Interdependenz, gleichzeitiger Verschiedenheit und Vielseitigkeit islamischer Kunst ist bis heute die Ausgangsbasis jeder Forschung und Ausstellung. So kann man generell zwischen zwei Möglichkeiten einer Ausstellungspräsentation unterscheiden: Einerseits, die in der Eremitage verfolgte, legt von historischer Perspektive betrachtet ihren Schwerpunkt auf Unterteilung der künstlerischen Kultur nach Ländern und Regionen. Durch die jeweilige geschichtliche Entwicklung werden zuerst die kulturellen Wurzeln präislamischer Zeit veranschaulicht, und in weiterer Folge kann die Einbindung bzw. Verleugnung islamischer Einflüsse beobachtet werden. Die zweite Möglichkeit wird vom Großteil anderer Museen aufgegriffen, indem die Integration islamischer Kultur anhand der gemeinsamen kreativen Methodik und omnipräsenter Charakteristika unterstrichen wird.

Beide Herangehensweisen haben ihre Pros und Contras und auch die Tatsache, dass die islamische Kunst in einem langsamen Prozess entstand, dessen Abgrenzung in verschiedene Phasen schwer möglich ist, sowie die verschiedenen regionalen und kulturellen Einflüsse zu den unterschiedlichsten Stilausformungen führten, machen es für Kuratoren oder Autoren nicht einfach sich für ein Ausstellungsschema zu entscheiden.

Nun vereinfacht die moderne Technik diese Problematik. Ein virtuelles Museum ist kein starrer Katalog, oder ein fix angeordnetes Ausstellungsschema, sondern bietet die Option Objekte nach verschiedenen Gesichtspunkten, sei es chronologisch, geographisch, stilistisch u.a., abzurufen, und Querverbindungen herzustellen. Der Besucher selbst kann selektieren, je nach Belieben über sein bevorzugtes Interessensgebiet Informationen abrufen und wird auf verschiedenste Weisen an die Komplexität und Vielfalt islamischer Kunst herangeführt.

Amely Haslauer

Literatur:

Ali, Wijdan . 1992. The Status of Islamic Art in the Twentieth Century. In Muqarnas IX: An Annual on Islamic Art and Architecture. Oleg Grabar (ed). Leiden: E.J. Brill.

Baker, Patricia L.: Islam and the religious arts. London: Continuum, 2004.

Grabar,Oleg. Exhibiting the art of the Muslim world. In Museum International: July-September 1999 -Vol. 51 Issue 3. Oxford (UK):Blackwell Publishers.

Noever, Peter [Hg.] : Kunst und Industrie- Die Anfänge des Museums für Angewandte Kunst. MAK Wien und Hatje Cantz Verlag: Wien, 2000.

Vernoit, Stephen (Hrg.), Discovering Islamic Art. Scholars, Collectors and Collections, 1850-1950, London / New York 2000.

Völker, Angela:  Die orientalischen Knüpfteppiche im MAK. Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien 2001.