Die weltberühmte Teppichsammlung  des Museums für Angewandte Kunst (MAK) in Wien besitzt auch einige bedeutende Beispiele der sogenannten „Polen“-Teppiche.

Der Bestand umfasst sechs der sehr kostbaren, seidenen Teppiche. Sie gelangten teilweise über das österr. k.u.k. Handelsmuseum, teilweise über den Ankauf von Graf Czartoryki und von Graf Chorinsky in den heutigen Bestand (seit 1922).

Da die Teppichgruppe aus Persien stammt, ist der Name aufs Erste irreführend: Als die reich mit Gold und Silber verzierten Seidenteppiche von der Wissenschaft zuerst untersucht wurden, nahm man noch an,  dass sie möglicherweise von armenischen Handwerkern in Polen in Teppichfabriken erzeugt wurden, da einige Teppiche –  welche das erste Mal auf der Weltausstellung von 1878 in Paris ausgestellt waren – (bis heute nicht identifizierte) polnische Wappen zeig(t)en. Dies war Auslöser für diverse Spekulationen.

Einige Autoren zweifelten den polnischen Ursprung der kostbaren Stücke sehr bald an, und es wurde mehrmals erfolgreich belegt, dass nicht Polen sondern Persien als Entstehungsort gelten muss. Der Name „Polen“-Teppiche hat sich dennoch erhalten, da er auf eine spezielle Gruppe innerhalb der vielen verschiedenen Arten von persischen Teppichen verweist und eine Differenzierung ermöglicht.

Die typische Musterung ist die Vierteilung, was bedeutet, dass ein Viertel horizontal und vertikal gespiegelt wird und dann ein rechteckiges Musterfeld entsteht. Vorrangig verwendete Motive sind das Lanzett- und Gabelblatt, die Palmette, Knospen- und Rankenwerk sowie Arabesken. Die Farben lachsrot, blau, grün u.a. dominieren; leider sind die Farben in vielen Fällen stark verblichen, was die ursprüngliche Leuchtkraft schwer nachvollziehen lässt. Auch die eingearbeiteten Gold- und Silberfäden sind heute verblichen – sie müssen einen enormen Prunk ausgestrahlt haben, und stellen ein besonderes Charakteristikum dieser Teppichart dar.

Wahrscheinlich wurden die heute ziemlich stark abgenutzten Stücke in den Hofmanufakturen der Schahs in Isfahan, Kashan, u.a. – also Zentralpersien – erzeugt.

Die Forschung trug mehrere Ideen für den Herstellungszweck zusammen; die heute anerkannte Theorie besagt, dass diese äußerst langwierige Produktion zuerst für den eigenen Herrscher, also Schah, bestimmt war, aber es gelangten auch viele Stücke über Handelsdelegierte beispielsweise nach Italien (siehe Schatz von San Marco), um die politischen Beziehungen mit Europa zu pflegen. Die Wissenschafter vermuten, dass die Teppiche im 16. und teilweise im 17. Jahrhundert, also unter safawidischer Herrschaft (1501- 1731) entstanden und setzen den Beginn der Produktion mit dem Regierungsantritt von Schah Abbas I. (den Großen) im Jahr  1587 an.

Heute umfassen viele Sammlungen die einigermaßen große Anzahl – weltweit etwa 300 Stück – von „Polen“-Teppichen.

Waltraud Karimyan

 

Literatur:

Spuhler, Friedrich-Karl; Seidene Repräsentationsteppiche der mittleren bis späten Safawidenzeit. Die Sog. Polenteppiche (Diss.), Berlin 1968

Sarre, Friedrich/ Trenkwald, Herrmann; Altorientalische Teppiche, Bd 1, Wien 1926; Bd 2,Wien 1928 Völker, Angela; Die orientalischen Knüpfteppiche im MAK, Museum für angewandte Kunst,Wien 2001