Unter den Objekten islamischer Kunst, nimmt die glasierte Keramik osmanischer Zeit eine herausragende Stellung ein. Ihre bedeutendste Epoche erlebte sie zwischen dem späten 15. bis 17. Jahrhundert.

Offenbar besaß Iznik, eine Stadt in Westanatolien, etwa 90 km südöstlich von Istanbul, aus der Antike als Stadt Nicäa bekannt, besondere Bedeutung als Produktionsstätte. Die Herstellung von Fliesen in Iznik nahm in der zweiten Hälfte des 16. Jhs ständig zu. Nur gelegentlich wurden Keramikgefäße und Geräte angefertigt.

Bis zum 17. Jh. wurde die Iznik Keramik im gesamten türkischen Reich gehandelt und darüber hinaus bis nach Venedig exportiert. Anfang des 17. Jh. existierte in Padua eine Töpfereiwerkstatt, die den türkischen Stil imitierte.

Gegen Ende des 17. Jhs. ging die Produktion in den Werkstätten Izniks zurück und wurde aufgrund einer Verkettung unglücklicher Ereignisse (Unkenntnis der gesundheitsschädigenden Auswirkungen beim Produktionsprozess; Feuersbrünste im Keramikviertel; Malariaepidemie; Wandel in osmanischer Wirtschaft) im 18. Jh. völlig aufgegeben. Von da an deckte Kütahya, eine Stadt in der gleichnamigen Provinz, den Bedarf an glasierter Keramik, wo auch heute noch Werkstätten bestehen. Die Sammlung des Museums für angewandte Kunst (MAK) besitzt eine repräsentative Gruppe von Iznik Keramiken.

 

Zu Beginn wird herkömmliche Töpferware mit rötlichem Scherben erzeugt, später ist der Scherben der Iznik Ware nahezu reinweiß, fest und feinkörnig.

Iznik Keramik kann als Spiegel der neuesten Trends am osmanischen Hof betrachtet werden, da die Beziehungen zwischen den Keramikwerkstätten und dem ‚nakkaşhane’ (Hofatelier) sehr groß waren.

Die Technik der Unterglasurmalerei macht Iznik berühmt und reich. Unterschiedliche Stile kennzeichnen die einzelnen Epochen. So finden sich in den Darstellungen zartstielige Pflanzen mit langen federartigen Blättern zwischen welchen florale Palmetten (chinesisches Vorbild des Ming-Dekors)sind ebenso, wie dichtes Blattwerk mit exotischen Vögeln und Antilopen. Die auf Kara Memi, einen Schüler und Nachfolger Schah Kulus, zurückzuführenden Muster, bilden auf ihre wesentlichen Merkmale reduzierte, zeitgenössische türkische Blumen, wie Tulpen, Geißblatt, Hyazinthen, Rosen und Nelken, ab.

Älteste Beispiele weisen nur eine Farbe auf: Kobaltblau. Diese wurde in ihrer dunklen Form verwendet oder wie Tusche verdünnt, um so ein blasses Blau zu erzeugen. Im zweiten Viertel des 16. Jhs. wird die Farbpalette mit einem durchscheinendem Türkis, dem auf Chrom basierenden schwarzen Pigment (für sehr feine Muster und Konturen), einem weichen, blassen Violett auf Manganbasis und einem grautönigen Grün erweitert. Etwa zur selben Zeit entwickeln sich Experimente mit farbiger Engobe. Erst ab der zweiten Hälfte des 16. Jhs. wird mit einem kräftigen Rot gearbeitet und etwas später kommt Smaragdgrün hinzu.

Gabriele Reisenauer

Literatur:

Aslanapa, Oktay, "Pottery and Kilns from the Iznik Excavations," in: Forschungen zur Kunst Asiens. In Memoriam Kurt Erdmann, Istanbul Üniv. Edebiyat Fak., Türk ve Islam Sanati Küsüsü (Istanbul: 1969), 140-6.

Carswell, John, Iznik Pottery, Published for the Trustees of the British Museum by British Museum Press, (London: 1998).

Denny, Walter, Osmanische Keramik aus Iznik,  Hirmer (München: 2005)

Frotscher, Sven, Keramik und Porzellan, Dt. Taschenbuch Verl. (München: 2003).

Hein, Wilhelm, Kunst des Islam, Teppiche, Keramiken und Fayencen, Gläser und Moscheelampen, Metallarbeiten aus den Sammlungen Österreichischen Museums für angewandte Kunst, Wien. Schloss Halbturn 28.5.-26.10.1977. (Wien: 1977)

Lane, Arthur, "The Ottoman Pottery of Isnik," in: Ars Orientalis, 2 (1956), 254-81.

Pichelkastner, E./Hölzl, E., Bruckmann’s Fayence-Lexikon: Majolika, Fayence, Steingut (München: 1981).

Kunst des Islam: Teppiche, Keramiken und Fayencen, Gläser und
Moschee-lampen, Metallarbeiten aus den Sammlungen des Österreichischen
Museums für angewandte Kunst, Wien 1977.