Die Räucherkugel aus der Kunstkammer des KHM besteht aus goldfarbener Bronze und wurde mit Silber tauschiert. Neben der Technik weist dieses besondere Objekt auch noch andere Charakteristika der mamelukischen Metallkunst auf.

Die Mameluken stammen von Militärsklaven ab, die 1250 in Ägypten die Macht ergriffen. Während ihrer Herrschaftszeit bis 1517 wurden sie immer wieder in kriegerische Handlungen verwickelt, wodurch das Militärwesen mit seinen kämpferischen Aspekten eine wichtige Rolle in der Gesellschaft spielte. Dementsprechend haben Rangabzeichen und Titel auch in der Dekoration von Gebrauchsgegenständen eine große Bedeutung.

In der mamelukischen Metallkunst spielte die Technik der Tauschierung bis ins 15. Jahrhundert eine wichtige Rolle. Dabei wird das Gefäß, das aus verschiedenen Bronzelegierungen besteht, graviert und in die dabei entstehenden Rillen Gold oder Silber eingehämmert.

Der Vers 34 der 9. Sure im Koran droht jedem mit dem Höllenfeuer, der edle Metalle für den persönlichen Bedarf verwendet. Durch die Entwicklung der Tauschierung wurde es möglich, das religiöse Gebot zu umgehen, da nur die äußere Verzierung kostbar war, und das Gefäss selbst aus einem unedlen Metall gefertigt.

Die Silbertauschierung der Räucherkugel des KHM ist an vielen Stellen beschädigt. Der Dekor is horizontal durch dünne Bänder in Register gegliedert, die durch ihre Verschlingungen einzelne Zonen abgrenzen. Die Gesamterscheinung der Räucherkugel wird durch ein breites Schriftband und Kreismedaillons dominiert, in denen sich das Rangabzeichen eines Schreibers am mamelukischen Sultanshof befindet. So kann das Objekt auch zeitlich eingeordnet werden.
Die Gesamtgestaltung mit den ineinander verschlungen Linien, die einzelne Register bilden und in denen sich Schrift und vegetabile Rankenornamente abwechseln, kann als typisch mamelukisch angesehen werden.

Das Schriftband wird von Bändern mit Rankenornament flankiert, das durch kleine Kreise unterbrochen wird. In diesen befinden sich, ebenso wie in den großen Kreismedaillons, Löcher, durch die der Rauch austreten kann. Der obere Abschluss der Kugel wird durch vegetabiles Flechtwerk gefüllt, in dem sich weitere Öffnungen befinden. Im Inneren solcher Kugeln ist eine Aufhängung mit verschiedenen Ringen angebracht, die bei Bewegung der Kugel das Schälchen mit dem brennenden Material immer in der Waagerechten hält.

Mamelukische Räucherkugeln und andere Metallarbeiten waren häufig für den europäischen Markt bestimmt. Ein Portrait von Hans Holbein d. J. von 1532 zeigt den Händler Georg Gisz in seiner Stube. Im Hintergrund hängt eine ganz ähnlich gestaltete Räucherkugel an einem Wandregal.
 

Ursula Haider

 

Literatur:
Allan, James W., Metalwork of the Islamic world, London 1986.
Atil, Esil, u. A., Islamic Metalwork in the Freer Gallery of Art, Washington 1985.
Die Welt des Orients, Kunst und Kultur des Islam, Ausstellungskatalog, Leoben 2007.
Fehérvári, Géza, Islamic Metalwork of the Eighth to the Fifteenth Century in the Keir Collection, London 1976.
Ward, Rachel, Islamic Metalwork, London 1993.